Editorial Zwischen Krieg und Frieden

Schröders Chancen, aus dem Tauziehen um Krieg und Frieden am Ende als Gewinner hervorzugehen, sind gestiegen.

Liebe stern-Leser!

David gegen Goliath - so stellt unser Zeichner Wieslaw Smetek das Ringen zwischen Schröder und Bush auf dem Titelbild dar. Wie der Kampf der Israeliten mit den Philistern im Alten Testament ausging, ist bekannt: Der Hirtenjunge marschierte ohne Schwert auf den Riesen zu. Mit einer Schleuder schoss er einen Stein genau auf die Stirn Goliaths, der tot zu Boden fiel. Die Philister wurden auf der Flucht zerrieben.

Schröders Chancen, aus dem politischen Tauziehen um Krieg und Frieden am Ende als Gewinner hervorzugehen, sind gestiegen. Die Friedensdemonstrationen und Meinungsumfragen zeigen deutlich: Die Menschen rund um den Globus sind mehrheitlich gegen einen Krieg - erst recht, wenn er ohne ausdrückliches UN-Mandat geführt werden sollte. Bush verliert auch im eigenen Land an Rückhalt. Seine europäischen Mitstreiter Blair, Aznar und Berlusconi haben ihre Bevölkerung größtenteils gegen sich.

Wir dokumentieren den "Aufstand gegen Amerika" in diesem Heft mit Bildern der weltweiten Demonstrationen; stern-Redakteur Jan-Philipp Sendker beschreibt, wie kaputt das Verhältnis auf Regierungsebene ist. Er war viele Jahre unser Korrespondent in Amerika und Asien, arbeitet jetzt im Hauptstadtbüro in Berlin. In New York und Washington sprach er mit Politikern, Diplomaten und Professoren, die Deutschland nicht mehr verstehen können.

Wir drucken aber auch den Wortlaut der eindrucksvollen Rede gegen den Krieg, die US-Schauspieler Dustin Hoffman bei der Berlinale hielt.

Offene Kritik an Bushs Kriegskurs ist in Amerika nicht mehr Tabu. Den Stimmungsumschwung zeigt auch folgender Witz, den uns ein Leser aus den USA gemailt hat:

Auf einer Propaganda-Tour durch die USA besucht Präsident George W. Bush eine Schule und erklärt seine Regierungspolitik. Danach bittet er die Kinder, Fragen zu stellen. Schüchtern erhebt sich der kleine Bob:

"Herr Präsident, ich habe drei Fragen: 1. Wie haben Sie, obwohl Sie bei der Stimmenauszählung eigentlich verloren haben, die Wahl trotzdem gewonnen? 2. Warum wollen Sie den Irak ohne handfeste Beweise angreifen? 3. Denken Sie nicht, dass die Bombe auf Hiroshima der größte Terroranschlag aller Zeiten war?"

In diesem Moment läutet die Pausenklingel. Alle Schüler laufen aus dem Klassenzimmer. Als sie zurückkommen, lädt Bush erneut ein, Fragen zu stellen. Diesmal ergreift Joey das Wort:

"Herr Präsident, ich habe fünf Fragen: 1. Wie haben Sie, obwohl Sie bei der Stimmenauszählung eigentlich verloren haben, die Wahl trotzdem gewonnen? 2. Warum wollen Sie den Irak ohne handfeste Beweise angreifen? 3. Denken Sie nicht, dass die Bombe auf Hiroshima der größte Terrorangriff aller Zeiten war? 4. Warum hat die Pausenklingel heute 20 Minuten früher als sonst geläutet? 5. Wo ist Bob???"

Herzlichst Ihr Thomas Osterkorn