Saubere Erotik The Great American Pin-Up

Detailliert gezeichnete Girls entflammten schon im neunzehnten Jahrhundert erotische Fantasien. Mit einer eigenartigen Mischung aus kalkulierter Verführung und zur Schau getragenen Unschuld eroberte das klassische Pin-Up die Männerwelt.

Detailliert gezeichnete Girls entflammten schon im neunzehnten Jahrhundert erotische Fantasien. Mit einer eigenartigen Mischung aus kalkulierter Verführung und zur Schau getragenen Unschuld eroberte das klassische Pin-Up die Männerwelt.

Der Erste Weltkrieg verschärfte in den sittsamen USA die Nachfrage nach Erotik: Eine ganze Generation von Soldaten kehrte aus Frankreich mit Päckchen von „freizügigen“ Postkarten zurück. Es existierten bald zwei Arten von Pin-Ups: die wirklichen - aus Fleisch und Blut. Bettie Page gehört zu "echten" Girls, so wie sie verkörperte keine andere die Erotik der 50er Jahre. Daneben die gemalten Pin-Ups. Bekannte Künstler sind Mel Ramos oder Harry Eckman schufen Kunstwerke, anstatt schlichter Erotik-Bildchen.

Pin-Ups begeisterten als Kalenderblatt, als Centerfold und Covergirl ganze Generationen von Männern. Ursprünglich in Öl gemalt, tauchten sie bald in den verschiedensten Medien auf. Aber erst im Zweiten Weltkrieg fand der Begriff "Pin-Up" Einzug in den offiziellen Sprachgebrauch. Pin-Ups schmückten amerikanische Bomber und Kampfflugzeuge und zierten als Wandschmuck Autowerkstätten und Spinde. Wegen der motivierenden Wirkung der Bilder setzte sich die Army über alle moralischen Bedenken hinweg. Ein Maler wie Alberto Vargas wurde sogar nach Europa geschickt, um Flugzeuge mit den schönsten Mädchen zu verzieren. So sollte den Bomberbesatzungen der tödliche Einsatz über dem Reich versüßt werden. Das Pin-Up wurde zum Idealbild für die Soldaten und bewies sichtbar die gewahrte Heterosexualität in der Männergesellschaft des Krieges. Im Ausdruck "Sexbombe" fanden beide Bedeutungen zusammen.

Eine gewisse Einförmigkeit der Darstellung des "All-American-Girl" lässt sich heute nicht leugnen: Das süße Gesicht eines Teenagers, mit dem kurvenverstärkten Körper einer 25-Jährigen: Wespentaille und üppige Oberweite – die Beine überirdisch lang. Die Girls posieren in den provozierendsten Stellungen und wirken dabei doch sooo harmlos. Keine Femme Fatale mit fordernden Sex irritiert die gewohnten Geschlechtsbeziehungen: Die Erotik des Pin-Ups ist eher willig, als eigensinnig. Die Mädchen sind reine Projektspüppchen der Betrachter, sie haben keine Umgebung, keine Herkunft – blieben also für jeden erreichbar.

Das Ende als Hauptlieferant erotischen Anschauungsmaterials heranwachsender oder alternder Männer kam in den 60er Jahren. Noch in den fünfziger Jahren verbannte eine strenge Zensur "schärfere" Darstellungen unter die Ladentheken. Dann sprengte die Fotografie des Playboy die Grenzen der Bilderotik. Hugh Hefner forderte die Zensur offen heraus, nach mehreren Musterprozessen fielen alle Schranken. Pornografie wurde zu einem alltäglichen Phänomen, zugleich besetzten Schauspielerinnen und später dann Supermodels den Platz der "sauberen" Erotik.

The Great American Pin- Up

Charles G. Martignette, Louis K. Meisel. Geb., 447 Seiten, Taschen Deutschland, 2002, ISBN: 3822817015

Mit über 900 Abbildungen ist "The Great American Pin-Up" eines der umfassendsten Bücher zur Pin-Up Kunst. Das Buch beschreibt dies ur-amerikanische Genre, verfolgt Ursprünge und Entwicklung im Detail und stellt die wichtigsten Maler vor.