Saubermänner Kunst als Müll entsorgt

Nicht alles, was Kunst ist, sieht auch aus wie Kunst. Das weiß jetzt auch Peter Postleb. In Frankfurt hat er Kunst für Müll gehalten und sie entsorgen lassen. Ein Museum legte ihm Kunstnachhilfe ans Herz.

Peter Postleb kennt nur ein Ziel: Der Leiter der Stabsstelle "Sauberes Frankfurt" will eine ordentliche Stadt. Deshalb geht er seit 2001 gegen Vandalismus, illegale Grafittis und Hundekot auf dem Bürgersteig vor. Auch vor Kunstobjekten oder ungewöhnlichen Hinweisen auf Ausstellungen macht er nicht Halt. Dabei geht es um Objekte, deren Sinn nicht nur Postleb, sondern auch viele Bürger nicht sofort verstehen.

Kunstwerke verbrannt

Dem Aufeinanderprallen von Kunst- und Ordnungssinn fielen erst im Januar Teile einer Installation von Michael Beutler, eines Absolventen der Kunstakademie Städel, zum Opfer: Postleb hielt die an verschiedenen Stellen der Stadt aufgestellten gelben Plastikteile der Skulptur für unerlaubt abgelagerten Müll und veranlasste ihren Abtransport. Die Kunstwerke wurden verbrannt.

Im Februar entdeckte Postleb auf einem seiner Dienstgänge an der Hauptwache ein bunt bemaltes Schrottauto. "Man hatte den Eindruck, da sei gerade eine Autobombe hochgegangen", sagt er. Erkundigungen bei der Stadtverwaltung ergaben: Mit diesem und fünf anderen demolierten Autos wurde in der Stadt für eine Dinosaurierausstellung in einem Einkaufszentrum geworben - mit Genehmigung des Straßenbauamts.

"Kreativität im öffentlichen Raum"

Gleichwohl fand Postleb die Wagen mit den Ausstellungsaufklebern "imageschädigend" für die Stadt. Er beanstandete scharfe Kanten an den Kotflügeln der Wagen und ließ sie zum Schutz der Passanten umzäunen. Daraufhin widerrief das Straßenbauamt seine Genehmigung und ließ die Schrottkisten entfernen. Nur vor dem Hauptbahnhof stehen noch zwei demolierte Autos: Das Gelände ist Hoheitsgebiet der Deutschen Bahn.

Die Menschen in der Stadt könnten nicht beim ersten Anblick verstehen, was die Wagen sollten, meint Postleb. "Wenn wenigstens ein Dinosaurier drauf wäre..." Die Grünen im Frankfurter Rathaus Römer dagegen, Postlebs eigene Parteifreunde, fanden die Aktion des Einkaufszentrums witzig und meinten, der städtische Bedienstete habe wohl einen Crash-Kurs "Kreativität im öffentlichen Raum" nötig.

Nachhilfe in Sachen Kunst

Nachhilfeunterricht hatte Postleb nach der Vernichtung der gelben Skulpturen auch schon vom Städel-Kunstmuseum angeboten bekommen. Das Museum veranstaltet seitdem eintägige Kurse, die Kunstsinn vermitteln sollen und allen Bürgern offen stehen. "Irgendwann werde ich das auch machen", sagte Postleb. Als Kunstbanause sieht sich der Leiter der dreiköpfigen Stabsstelle überhaupt nicht: Seine Frau male selbst, und er gehe auch oft in Ausstellungen. Bei der großen Frankfurter Schau des für seine durchdringend ultramarinblauen Werke bekannten Künstlers Yves Klein in der Kunsthalle Schirn habe ihn allerdings schon die Frage gereizt: "Ist das Kunst, eine Fläche blau anzumalen?"

Michael Beutler, der Schöpfer der gelben Stadtkunst, wird keinen Schadenersatz für die Entsorgung seiner Kreationen verlangen. Schließlich, betont Postleb, habe seine Vernichtungsaktion den Künstler weltweit bekannt gemacht: Etliche Medien auch im Ausland hätten darüber berichtet. Selbst die britische Zeitung "The Guardian" hatte Postleb deswegen am Telefon. Und demnächst solle auch ein Artikel in einem New Yorker Kunstmagazin erscheinen.

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Anne-Katrin Einfeldt/DPA