World Press Photo Award Das ist das Foto des Jahres – so haben Jury und stern-Leser abgestimmt

World Press Photo: Eine Frau umarmt ihre tote Nichte
Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis im südlichen Gazastreifen, 17. Oktober 2023: Die Palästinenserin Inas Abu Maamar, 36, umarmt die Leiche ihrer 5-jährigen Nichte Saly, die bei einem israelischen Angriff getötet wurde. Es ist das Pressefoto des Jahres. 
© Mohammed Salem für Reuters/World Press Photo
Mohammed Salem macht den ersten Platz in der Kategorie Singles beim World Press Photo Award. Hier erfahren Sie mehr über seine bewegende Aufnahme aus dem Gazastreifen.

Sechs Bilder aus sechs verschiedenen Weltregionen waren nominiert. Eines davon hat die Jury des World Press Photo Contest nun zum Foto des Jahres gekürt: "A Palestinian Woman Embraces the Body of Her Niece" von Mohammed Salem. Der Fotograf beschreibt sein Bild als einen "kraftvollen und traurigen Moment, der das allgemeine Gefühl dessen, was im Gazastreifen geschah, zusammenfasst". Es zeigt die 36-jährige Palästinenserin Inas Abu Maamar, wie sie die Leiche ihrer 5-jährigen Nichte Saly in den Armen hält. Das Foto entstand am 17. Oktober 2023 im Nasser-Krankenhaus in Chan Yunis im südlichen Gazastreifen. Das Mädchen wurde bei einem israelischen Angriff getötet. Laut der OHCHR waren bis Ende 2023 mehr als zwei Drittel der Todesopfer im Gazastreifen palästinensische Frauen und Kinder.  

Die Jury schreibt in ihrer Begründung, sie sei tief bewegt von der Art und Weise, wie dieses Bild bei jedem Betrachter eine emotionale Reflexion auslöse. Das Bild sei vielschichtig und stehe für den Verlust eines Kindes, den Kampf des palästinensischen Volkes und die 33.000 getöteten Menschen. Es sei eine Stellungnahme zur Sinnlosigkeit aller Kriege. Die Jury erkannte an, dass der Fotograf für dasselbe Thema bereits vor fast einem Jahrzehnt ausgezeichnet wurde, was den anhaltenden Kampf um die Anerkennung eines so dringenden Themas unterstreiche. 

Beim World Press Photo Award werden seit 1955 jährlich die besten Pressefotos der Welt ausgezeichnet. Neben dem Preis für das Foto des Jahres gibt es die Kategorien Long Term Project, Story des Jahres und Open Format. Die Plätze 2 bis 6 werden nicht vergeben, lediglich das Gewinnerbild gekürt. Im Vorfeld der offiziellen Jury-Wahl hat der stern Leserinnen und Leser eine Woche lang über das Foto des Jahres abstimmen lassen. Mehr als 6500 Stimmen gingen ein. Das offizielle Gewinnerbild von Mohammed Salem landete bei den stern-Leserinnen und -Leser mit 28 Prozent der Stimmen knapp auf Platz 2. 

Ein Vater hält die Hand seiner toten Tochter

World Press Photo: Ein Vater hält in den Trümmern die Hand seiner verschütteten Tochter
Kahramanmaraş, Türkei, 7. Februar 2023: Mesut Hançer hält die Hand seiner 15-jährigen Tochter Irmak, die im Schlaf getötet wurde, als das Haus ihrer Großmutter bei einem Erdbeben in der Südtürkei zusammenbrach
© Adem Altan für AFP/ World Press Photo

Die stern-Leserinnen und -Leser wählten ein Bild auf den ersten Platz, das ebenso von Tod und Trauer erzählt. Es ist ein Foto, das um die Welt ging: "A Father's Pain" von Adem Altan, aufgenommen in in Kahramanmaraş, Türkei, am Tag nach dem Erdbeben vom 6. Februar 2023. Zu sehen ist Mesut Hançer, der die Hand seiner 15-jährigen Tochter Irmak hält, die im Schlaf getötet wurde. Wie das Foto entstand, das niemanden mehr loslässt, lesen Sie hier

Der Meeresspiegel steigt bedrohlich

World Press Photo: Lotomau Fiafia und sein Enkel stehen im Wasser
Salia Bay, Insel Kioa, Fidschi, 8. August 2023: Lotomau Fiafia, 72, ein Ältester der Gemeinde, steht mit seinem Enkel John dort, wo er sich aus seiner Kindheit an die Küstenlinie erinnert
© Eddie Jim für the The Age/Sydney Morning Herald/ World Press Photo

17 Prozent der Stimmen unserer Leserinnen und Leser gingen an "Fighting, Not Sinking" von Eddie Jim. Das Foto zeigt den 72-jährigen Lotomau Fiafia mit seinem Enkel John auf der Insel Kioa, Fidschi. Die zunehmend erodierenden Küstenlinien haben zur Folge, dass sie und mehr als 600 Gemeinden in ganz Fidschi in den kommenden Jahren zur Umsiedlung gezwungen sein könnten.

Die großen Waldbrände in Kanada 

World Press Photo: Feuerwehrmann auf einem Fels zwischen verbrannten Bäumen
Quebec, Kanada, 13. Juli 2023: Theo Dagnaud sucht den Horizont ab, um sicherzustellen, dass die Feuerwehrmänner abgezogen sind und er das Gebiet als "kontrolliert" kennzeichnen kann
© Charles-Frederick Quellet für the Globe and Mail/ World Press Photo

Auf Platz 4 wählten die stern-Leserinnen und -Leser "A Day in the Life of a Quebec Fire Crew" von Charles-Frédérick Ouellet, der Gewinner der Region Nord- und Zentralamerika. In Kanada herrschten im Sommer 2023 große Trockenheit und hohe Temperaturen, die zu riesigen Waldbränden im ganzen Land führten. Besonders betroffen war Quebec. 

Dürre im Amazonasgebiet

World Press Photo: Fischer läuft durch ausgetrocknetes Flussbett
Tefé, Amazonas, Brasilien, 13. Oktober 2023: Ein Fischer geht über das trockene Bett eines Flussarms des Amazonas in der Nähe der indigenen Gemeinde Porto Praia
© Lalo de Almeida für Folha de Sao Paulo/ World Press Photo

Den Regionalgewinner aus Südamerika "Drought in the Amazon" von Lalo de Almeida wählte die stern-Leserschaft auf Platz 5. Die Luftaufnahme zeigt eindrucksvoll das Ausmaß der globalen Umweltkrise und der Dürre im Amazonasgebiet. Ein Fischer überquert am 13. Oktober 2023 das trockene Flussbett eines Amazonasarms in der Nähe der indigenen Gemeinde Porto Praia in Brasilien. Es war die schwerste Dürre seit Beginn der Aufzeichnungen.

Rückkehr aus dem Krieg 

World Press Photo: Ein junger Mann begrüßt seine Mutter
Saesie Tsada, Äthiopien, 21. September 2023: Kibrom Berhane, 24, trifft seine Mutter zum ersten Mal seit er vor zwei Jahren den "Tigray Defense Forces" beigetreten ist
© Vincent Haiges für Real 21/World Press Photo

"Returning Home From War" hält das Wiedersehen zwischen Kibrom Berhane und seiner Mutter fest. Zwei Jahre lang hatten sich die beiden nicht gesehen. Kibrom Berhane schloss sich Anfang 2021 den Tigray Defense Forces (dem bewaffneten Flügel der TPLF) an, nachdem Regierungstruppen sein Dorf in Ost-Tigray angegriffen hatten. Er kämpfte, bis er einen Monat vor dem Friedensabkommen durch eine Granate verwundet wurde und sein Bein verlor. Beeindruckt von Kibroms Entschlossenheit, in seinen Alltag zurückzukehren, wollte Fotograf Vincent Haiges die Nachwirkungen des Krieges zeigen und seine verborgenen Folgen aufdecken. 

Mehr Infos zum World Press Photo Contest 2024 finden Sie hier: 


Was ist der World Press Photo Contest? World Press Photo ist eine gemeinnützige Organisation aus den Niederlanden, die professionelle Pressefotografen und -fotografinnen unterstützt. Seit 1955 werden beim World Press Photo Award die besten Arbeiten des vergangenen Jahres ausgezeichnet. Bei der diesjährigen 67. Ausgabe standen insgesamt 61.062 Beiträge (Standbilder und Multimedia) von 3851 Fotografen aus 130 Ländern zur Auswahl. Die Themen reichen von Kriegsszenen über Umweltprobleme bis zu Momenten aus dem Alltag.

Welche Kategorien gibt es? Die vier Kategorien sind: Photo des Jahres, Story des Jahres, Long Term Project und Open Format. Nachdem die regionalen Jurys ihre Auswahl getroffen hatten, entscheidet die globale Jury über die 24 regionalen Gewinner und von diesen wiederum über die vier globalen Gewinner.

Wer sitzt in der Jury? Es gibt insgesamt sechs regionale Jurys und eine globale Jury. Die regionalen Jurys kommen aus Afrika, Asien, Australien/Ozeanien, Europa, Nord-Amerika und Südamerika. Sie setzen sich aus fünf Fachleuten der Fotografie- und Journalismusbranche aus den jeweiligen Regionen zusammen. In der Europa-Jury waren es dieses Jahr zum Beispiel zwei Fotografinnen aus England, eine Fotografin aus Russland, der Fotochef der NZZ aus der Schweiz und der Fotochef des stern als Vertreter für Deutschland. Die regionalen Jurys schlagen der globalen Jury je eine Shortlist für verschiedene Kategorien vor.

Was gibt es zu gewinnen? Die Gewinner erhalten ein Preisgeld von je 1000 Euro. Die Gewinner, die lobenden Erwähnungen und die besonderen Erwähnungen der Jury werden in die weltweite Foto Jahresausstellung und das Jahrbuch aufgenommen, sie werden auf der World Press Photo-Website veröffentlicht und zum „Winners' Program“ in Amsterdam eingeladen. Zusätzlich zu ihren regionalen Preisen erhalten die globalen Gewinner einen Geldpreis in Höhe von 5000 Euro, eine FUJIFILM GFX100 II Kamera mit Zubehör und einen zusätzlichen Sachpreis. In diesem Jahr hat die Jury die außergewöhnliche Entscheidung getroffen, zusätzlich zwei besondere lobende Erwähnungen im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Israel und Hamas aufzunehmen.

Wo sind die Bilder zu sehen? Die preisgekrönten Fotografien werden in einer Wanderausstellung in mehr als 80 Städten auf der ganzen Welt gezeigt. Die Magazine GEO und stern präsentieren die Ausstellung seit über 25 Jahren in Deutschland. Im September und Oktober dieses Jahres werden sie im Altonaer Museum zu sehen sein.

Alle preisgekrönten Fotografien sind noch bis zum 14. Oktober im Altonaer Museum in Hamburg zu sehen. Die Wanderaustellung macht in fast 100 Städten in 50 Ländern Station und wird in Deutschland von stern und GEO präsentiert.