World Press Photo: Fotografin begleitet Opfer sexueller Gewalt
World Press PhotoSie wurden vergewaltigt. Sie überlebten – und werden jetzt von ihren Familien verstoßen
Shila, 32, Mutter von drei Kindern, führte einen Friseursalon in Mekele, bevor eritrische Soldaten in der äthiopischen Region einfielen. Aus einer der Vergewaltigungen, die sie über drei Monate erleiden musste, entstand ein Sohn. Ihre Kinder wissen nicht, was ihrer Mutter passiert ist. Und Shila weiß nicht, ob sie jemals die Kraft aufbringen wird, es ihnen zu sagen.
Fotografin Arlette Bashizi hält die Geschichten von Frauen in Äthiopien fest, die im Krieg Opfer sexueller Gewalt wurden. Sie versuchen, zurück ins Leben zu finden. Und kämpfen gegen Stigmatisierung an.
Im November 2020 brach in Äthiopien, in der Region Tigray, ein Bürgerkrieg aus. Zwei Jahre später hatte er über 600.000 Menschenleben gekostet und Millionen in eine Hungersnot gestürzt. Arlette Bashizi fotografiert Frauen, die überlebt haben. Und einen hohen Preis dafür zahlen mussten.
Eine Studie kam zum Ergebnis, dass mehr als 100.000 Frauen während der zwei Kriegsjahre Opfer von sexueller Gewalt wurden. Viele von ihnen wurden daraufhin aus ihren Gemeinschaften ausgeschlossen. "Das Trauma, das diese Frauen erlitten haben, geht über physisches und psychisches Leid hinaus. In vielen Fällen sind sie auch nach dem Krieg weiterhin mit gesellschaftlichen Vorurteilen und Stigmatisierung konfrontiert", heißt es auf der Seite des World Press Photo Award.
Arlette Bashizi ist eine der Gewinnerinnen des diesjährigen Wettbewerbs. Sie hat die Frauen, die aufgrund ihrer Scham und der Stigmatisierung anonym bleiben wollen, für die "Washington Post" eindrücklich porträtiert. Das Fotografieren hat sich die 24-Jährige selbst beigebracht.
Sie hat Frauen im "Daughters of Charity" Center in der Stadt Mekele begleitet. Dort können Frauen wie die 32-jährige Shila Zuflucht finden, sie bekommen psychologische Betreuung und berufsvorbereitende Kurse. Es bietet den Frauen, die im Krieg noch mehr als Verwandte und Freunde verloren haben, eine Chance, zurück ins Leben zu finden.
Mehr zum World Press Photo Contest 2024 erfahren Sie hier:
Was ist der World Press Photo Contest?
World Press Photo ist eine gemeinnützige Organisation aus den Niederlanden, die professionelle Pressefotografen und -fotografinnen unterstützt. Seit 1955 werden beim World Press Photo Award die besten Arbeiten des vergangenen Jahres ausgezeichnet. Bei der diesjährigen 67. Ausgabe standen insgesamt 61.062 Beiträge (Standbilder und Multimedia) von 3851 Fotografen aus 130 Ländern zur Auswahl. Die Themen reichen von Kriegsszenen über Umweltprobleme bis zu Momenten aus dem Alltag.
Welche Kategorien gibt es?
Die vier Kategorien sind: Photo des Jahres, Story des Jahres, Long Term Project
und Open Format. Nachdem die regionalen Jurys ihre Auswahl getroffen hatten, entscheidet die globale Jury über die 24 regionalen Gewinner und von diesen wiederum über die vier globalen Gewinner.
Wer sitzt in der Jury?
Es gibt insgesamt sechs regionale Jurys und eine globale Jury. Die regionalen Jurys kommen aus Afrika, Asien, Australien/Ozeanien, Europa, Nord-Amerika und Südamerika. Sie setzen sich aus fünf Fachleuten der Fotografie- und Journalismusbranche aus den jeweiligen Regionen zusammen. In der Europa-Jury waren es dieses Jahr zum Beispiel zwei Fotografinnen aus England, eine Fotografin aus Russland, der Fotochef der NZZ aus der Schweiz und der Fotochef des stern als Vertreter für Deutschland. Die regionalen Jurys schlagen der globalen Jury je eine Shortlist für verschiedene Kategorien vor.
Was gibt es zu gewinnen?
Die Gewinner erhalten ein Preisgeld von je 1000 Euro. Die Gewinner, die lobenden Erwähnungen und die besonderen Erwähnungen der Jury werden in die weltweite Foto Jahresausstellung und das Jahrbuch aufgenommen, sie werden auf der World Press Photo-Website veröffentlicht und zum „Winners' Program“ in Amsterdam eingeladen.
Zusätzlich zu ihren regionalen Preisen erhalten die globalen Gewinner einen Geldpreis in Höhe von 5000 Euro, eine FUJIFILM GFX100 II Kamera mit Zubehör und einen zusätzlichen Sachpreis.
In diesem Jahr hat die Jury die außergewöhnliche Entscheidung getroffen, zusätzlich zwei besondere lobende Erwähnungen im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Israel und Hamas aufzunehmen.
Wo sind die Bilder zu sehen?
Die preisgekrönten Fotografien werden in einer Wanderausstellung in mehr als 80 Städten auf der ganzen Welt gezeigt. Die Magazine GEO und stern präsentieren die Ausstellung seit über 25 Jahren in Deutschland. Im September dieses Jahres werden sie im Altonaer Museum zu sehen sein.
Die Jury des World Press Photo Award hat gerade das beste Foto des Jahres gekürt. Das Sieger-Bild von Mohammed Salem sowie die anderen nominierten Fotos sehen Sie hier.