Dominique Pelicots Anwältin "Ich schäme mich nicht dafür, meinen Job zu machen"

Béatrice Zavarro vertritt einen der größten Sexualstraftäter Europas. Der Spagat zwischen Moral und beruflicher Pflicht ist groß. Wie erklärt sie sich seine Taten?
Portraitaufnahme Béatrice Zavarro
Rechtsanwältin Béatrice Zavarro, 55, vertritt den Hauptangeklagten Dominique Pelicot im Massenvergewaltigungsprozess von Avignon, Frankreich
© Patrick Slesiona / stern

Am 19. Dezember fällt das Urteil im Vergewaltigungsprozess von Avignon, dem wohl meistbeachteten Gerichtsverfahren des Jahres. Anlässlich dessen veröffentlichen wir erneut diesen Text, der erstmals im Jahresendheft des stern erschien.

Frau Zavarro, Sie sind die Verteidigerin von Dominique Pelicot. Ihr Mandant hat seine Frau über neun Jahre lang betäubt, sie mehreren Männern zum Sex angeboten oder selbst vergewaltigt und die Taten gefilmt. Er und 50 weitere Männer stehen in Avignon vor Gericht, das Urteil fällt wohl noch vor Weihnachten. Können Sie Ihre Kritiker verstehen, die es für antifeministisch und moralisch verwerflich halten, dass Sie einen solchen Mann verteidigen?
Ich bin Anwalt, und ich benutze absichtlich nicht die weibliche Form. Wenn ich als Frau niemanden mehr verteidigen dürfte, der anderen Frauen etwas antut, würde ich keine Verteidigung bei Fällen von häuslicher Gewalt, Femiziden, Kindstötungen oder sexueller Ausbeutung mehr annehmen.

Erschienen in stern Jahresendheft 2024