Als Daina Kuniga-Wendel am Fenster steht, muss sie ans Meer denken. Draußen geht jemand an ihrem Haus vorbei. Sie hört das Ploppen, das entsteht, wenn Füße untertauchen, das Rauschen, wenn sich Beine durch Wasser wühlen. Bisher habe sie diese Geräusche immer mit einem Tag am Strand verknüpft, sagt sie. Aber vor ihrer Tür brandet kein Meer, Kuniga-Wendel ist nicht im Urlaub. Sie steht in ihrem Zuhause, das keines mehr ist, seit das Hochwasser nach Lilienthal kam.
Daina Kuniga-Wendel, 41 Jahre alt, watet in Gummistiefeln durch ihr Wohnzimmer. Bei jedem ihrer Schritte wellen sich die Dielen. Wenn sie auftritt, gibt der Boden ein schmatzendes Geräusch ab. Vor wenigen Tagen stand ihr das Wasser hier im Erdgeschoss ihres Einfamilienhauses noch bis zu den Knien. Zurückgeblieben sind Pfützen, Matsch und ein modriger Geruch in der Luft. Die Nässe steckt in den Wänden, in den Möbeln, im Fußboden. Kuniga-Wendel sieht sich um. Die Renovierung ist noch nicht lange her, sie hat das Haus erst vor vier Jahren gekauft. "Das hier sollte meine Zukunft sein, meine Investition fürs Alter, es ist alles, was ich habe", sagt sie. "Jetzt ist alles hin."