Jede siebte Frau in Deutschland erfährt strafrechtlich relevante sexualisierte Gewalt. In München waren es im vergangenen Jahr rund 300 Vergewaltigungen, wie aus einem Sicherheitsreport des Münchner Polizeipräsidiums hervorgeht. Die Dunkelziffer ist aber wohl höher, da Opfer sexueller Gewalt oftmals keine Anzeige erstatten – aus Scham oder Angst.
Kampagne in München: Vergewaltigungsopfer zur schnellen Spurensicherung ermutigen
Verena Dietl, die Bürgermeisterin der bayrischen Landeshauptstadt, und ihre Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek stellten am Montag eine Aufklärungskampagne zur Akutversorgung nach einer Vergewaltigung vor. Diese richtet sich an potenzielle Betroffene und ihre Bezugspersonen und soll sie über mögliche medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung informieren. Das Gesundheitsreferat hat die Kampagne zusammen mit der Beratungsstelle Frauen*notruf, mit der Gleichstellungsstelle für Frauen, mit der Initiative für Münchner Mädchen (IMMA e.V.) und mit der München Klinik konzipiert.
Die Kampagne will Frauen dazu ermutigen, die Spuren innerhalb von 72 Stunden sichern zu lassen. "Es ist so wichtig, denn sonst läuft trotz einer Anzeige vielleicht hinterher alles ins Leere, weil keine Befunde da sind", sagt Gesundheitsreferentin Zurek. Zur vertraulichen Spurensicherung finanziert und beliefert das Gesundheitsreferat Kliniken mit Kits zur Spurensicherung. Die durch die Kits erhobenen Spuren sind gerichtsfest und werden sechs Monate lang gespeichert, sodass die Frauen sich Zeit nehmen können, um zu entscheiden, ob sie eine Anzeige erstatten wollen oder nicht.

"Abweisungen dürfen nicht mehr passieren"
In sieben Münchner Kliniken sind Ärzte und medizinisches Personal nun geschult, Erstversorgung und Spurensicherung nach einheitlichen Vorgaben und im Vertrauen durchzuführen. Hierzu zählen die München Kliniken Harlaching, Neuperlach und Schwabing, die LMU-Kliniken in der Innenstadt und in Großhadern, das Klinikum Dritter Orden und das TU-Klinikum rechts der Isar. Wer beispielsweise im Notfallzentrum der München Klinik Harlaching den Satz "Ich möchte bitte dringend eine Fachärztin sprechen" sagt, wird umgehend vertraulich medizinisch versorgt. "Abweisungen dürfen nicht mehr passieren", zitiert die Süddeutsche Zeitung die Geschäftsführerin des Frauennotrufs, Maike Bublitz. "Sonst kommen die Frauen nicht mehr wieder."
"Es ist wichtig, dass Opfer von Vergewaltigung sich trauen, schnell Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit über medizinische Versorgung und professionelle Dokumentation nach sexualisierter Gewalt sind dringend erforderlich", sagt Bürgermeisterin Dietl. "Daher ist die neue Kampagne zur ersten Hilfe nach Vergewaltigung wichtig und setzt ein Zeichen: Sexualisierte Gewalt wird nicht toleriert. Wir stehen an der Seite der Betroffenen und wir setzen uns für bestmögliche Versorgung und Hilfe ein."
Quellen: "Süddeutsche Zeitung", "Rathaus Umschau"