Lebensretter Mohamed Ali rettet Polizisten – "Ich musste einfach helfen"

Die Bilder vom Tattag hat er noch im Kopf. (Archivbild) Foto: Pinter Laszlo/dpa
Die Bilder vom Tattag hat er noch im Kopf. (Archivbild) Foto
© Pinter Laszlo/dpa
Nach einem Überfall wird ein Polizist erschossen. Mohamed Ali riskiert sein Leben, um einen Polizeianwärter aus der Schusslinie zu ziehen. Was ihn bewegt.

Diesen Tag vergisst Mazloum Mohamed Ali sein Leben lang nicht mehr. Vor seinem Obst- und Gemüseladen sieht er, wie ein Polizist niedergeschossen wird. Dann, wie ein Kommissaranwärter unter Beschuss flüchtet und zu Boden fällt. Das ist der Moment, in dem Mohamed Ali losläuft.

Aus der Tür seines Ladens, über die Straße zum gegenüberliegenden Gehweg. Wo der junge Mann liegt. Der Syrer zieht den angehenden Polizisten an seiner Schutzweste zurück über die Straße hinter ein Auto. "Ich habe nur gedacht, ich muss helfen! Es waren so viele Schüsse", sagt der 38-Jährige.

34 Jahre alter Polizist wurde bei Tat getötet

Seine Lippen zittern, als er von den Ereignissen des 21. Augusts erzählt. "Natürlich habe ich Angst gehabt." Es ging alles so schnell. In einem Video, das die Kamera vor seinem Geschäft aufgenommen hat, hört man die Schreie seiner Frau aus dem Laden. "Sie hatte Angst um mich." Und man sieht, wie Mohamed Ali hilft. Ohne zu zögern.

Die Tat in Völklingen hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Ein 34 Jahre alter Polizist war erschossen worden, als er versuchte, einen mutmaßlichen Tankstellenräuber zu fassen. Dieser 18-Jährige soll die Schüsse aus einer Dienstwaffe abgefeuert haben, die er zuvor seinem Kollegen entrissen hatte.

Der 18-Jährige soll laut Staatsanwaltschaft Saarbrücken auch mehrfach auf den Kommissaranwärter geschossen und ihn einmal in der Schutzweste getroffen haben. Das war der Mann, den Mohamed Ali aus der Schusslinie holte. Der Tatverdächtige ist unter anderem wegen Mordes angeklagt und sitzt in Untersuchungshaft.

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Mohamed Ali habe am Tattag in der Situation "furchtlos und selbstlos" gehandelt, sagt der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD). Er habe "unter Einsatz seines eigenen Lebens einen besonderen Beweis von Mut und Opferbereitschaft erbracht".

Während des Schusswechsels habe er den am Boden liegenden Kommissaranwärter aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich gezogen – und so "ein anderes Leben gerettet", sagt der Minister. Mohamed Ali, der seit 2015 in Deutschland lebt, erhielt für seinen Einsatz Anfang Dezember die Saarländische Rettungsmedaille.

"Man soll immer helfen"

Ja, vielleicht habe er dem jungen Mann das Leben gerettet, sagt Mohamed Ali. "Ich kann es nicht sagen. Aber ich habe das gemacht, was man machen sollte." Seiner Ansicht nach soll man immer helfen: "Egal, welche Farbe, welche Leute. Wir sind alles Menschen."

Für ihn sei der dritte Polizist, der nach den ersten Schüssen dazu kam und auch bei der Festnahme des mutmaßlichen Täters beteiligt war, ein Held. "Wer weiß, was ohne ihn noch passiert wäre."

Insgesamt seien so viele Schüsse gefallen, sagt Mohamed Ali und zeigt auf Einschusslöcher an einer Hauswand und an einem Fenster. Der getötete Polizist habe keine Chance gehabt.

Der Tatort liegt am Rande eines kleinen Parks mit Spielgeräten für Kinder. Auch zur Tatzeit hätten Kinder da gespielt. Sie seien dann aber schnell weggelaufen. Seit dem 21. August kämen deutlich weniger Leute zum Spielplatz, sagt der 38-Jährige. Er gehe aber weiter mit seiner zweijährigen Tochter dorthin.

Die Bilder vom Tattag sind in seinem Kopf noch sehr präsent, sagt Mohamed Ali, der inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Und ja, er denke noch oft daran. "Ich habe alles gesehen. Das vergisst man nicht."

dpa