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Homöopathie Gleiches mit Gleichem vergelten

Globuli: genau so wirksam wie simple Zuckerkügelchen
Globuli: genau so wirksam wie simple Zuckerkügelchen
© Colourbox
Bei keiner alternativen Methode scheiden sich die Geister so sehr wie bei der Homöopathie. Mediziner setzen die Kügelchen trotzdem ein - sie sollen die Selbstheilungskräfte des Körpers unterstützen.

Homöopathie bedeutet wörtlich übersetzt: ähnliches Leiden. Tatsächlich beruht das von Samuel Hahnemann zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte Verfahren auf dem Versuch, Gleiches mit Gleichem zu bekämpfen. Homöopathische Tropfen sind sehr stark verdünnte Substanzen, die, würden sie in konzentrierter Form verabreicht, gesunde Menschen krank machen könnten. Ein Mittel, das bei einem Gesunden Fieber verursacht, könnte also - so die Überlegung Hahnemanns - in hochverdünnter Form als Mittel gegen Fieber eingesetzt werden.

Die meisten wissenschaftlichen Studien konnten allerdings nicht nachweisen, dass homöopathische Globuli einen Effekt haben. Viele Ärzte schätzen die Methode dennoch, als Ergänzung zur Schulmedizin. Und eine wachsende Anhängerschaft ist davon überzeugt, dass sich damit - praktisch nebenwirkungsfrei - die Selbstheilungskräfte anregen lassen. Das gilt besonders für Kinder, die häufiger und besser auf homöopathische Mittel reagieren als Erwachsene.

Nehmen Sie es trotzdem nicht auf die leichte Schulter, wenn sich Ihre Symptome oder die Ihres Kindes nach den Globuli verschlimmern. Homöopathen deuten dies zwar als so genannte Erstverschlechterung - ein Zeichen dafür, dass das Mittel anschlägt und die Besserung nur eine Frage der Zeit ist. Vielleicht hat sich die Krankheit aber tatsächlich verschlimmert. Und wenn Sie zu lange auf den Heileffekt warten, könnte das eine hilfreiche konventionelle Therapie hinauszögern. Sie oder Ihre Kinder leiden dann völlig unnötig. Zudem sollten Sie eine homöopathische Behandlung immer mit Ihrem Arzt absprechen.

Das steckt dahinter:

Vor rund 200 Jahren nahm der Arzt Samuel Hahnemann (1755–1843) bei einem Selbstversuch Chinarinde zu sich. Davon bekam er Fieberschübe, wie er sie von Malaria-Kranken kannte. Er wusste aber auch, dass sich mit Chinarinde Malaria erfolgreich behandeln lässt. Nach weiteren Experimenten formulierte er seine drei Säulen der Homöopathie:

  • Das Ähnlichkeitsgesetz: Eine Substanz, die bestimmte Symptome auslöst, kann dieselben Symptome auch behandeln.
  • Die Arzneimittelprüfung an Gesunden: Das zeigt, welche Substanzen welche Symptome auslösen und für welche Leiden sie folglich eingesetzt werden können.
  • Das Prinzip der Potenzierung: Die Wirkung homöopathischer Mittel wird stärker durch Verdünnen und kräftiges Verschütteln.

Heute werden die Substanzen homöopathischer Arzneimittel in mehreren Schritten verdünnt: Erst werden sie mit Milchzucker verrieben, dann in einem Wasser-Alkohol-Gemisch geschüttelt. Homöopathen gehen davon aus, dass die Mittel selbst dann wirksam sind, wenn sie kein einziges Molekül der Ausgangsstoffe mehr enthalten. Das ist angeblich durch eine Form von Informationsübertragung möglich, die bislang aber niemand erklären kann.

So wirkt's:

Die Gelehrten streiten. Manche schwören auf die Methode. Andere sind davon überzeugt, dass es sich bei den Heilerfolgen ausschließlich um Placebo-Effekte handelt - also eine Art Selbstheilung, die auf Glauben und Vertrauen gründet. Zahlreiche wissenschaftliche Studien konnten bislang nicht nachweisen, dass homöopathische Arzneimittel wirksamer sind als einfache Zuckerkügelchen, die in Tests als Scheinmedikament verabreicht wurden.

Das sagt der Experte:

Edzard Ernst leitet die Abteilung für Komplementärmedizin an der britischen Universität Exeter. Er beschäftigt sich seit langem mit der Wirksamkeit alternativer Heilmethoden und hat viele Verfahren getestet.
Sein Urteil: Die Konzepte der Homöopathie sind nicht plausibel. Es existieren rund 200 klinische Studien, die insgesamt die Wirksamkeit des Verfahrens nicht belegen.

Rüdiger Braun

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