"I Heart Huckabees" Zen und Sartre im Supermarkt

Umweltaktivist Albert lässt sich von zwei Existenz-Detektiven sein Leben entschlüsseln. In der Komödie "I Heart Huckabees" entwirrt sich für den Zuschauer allerdings gar nichts.

Eigentlich eine prima Idee, das Chaos des eigenen Daseins von einer höheren Instanz entwirren zu lassen. Statt einen sprachlosen Gott um Hilfe zu bitten, beauftragt der depressive Albert jedoch zwei professionelle Existenz-Detektive mit der Supervision seines bisherigen Lebens. Wie bitte? Wer sich in die am 12. Mai anlaufende Komödie "I Heart Huckabees" hineintraut, sollte sich darauf gefasst machen, dass hier gar nichts entwirrt wird - im Gegenteil.

Schon der Versuch einer Inhaltsangabe ist so vergeblich wie etwa das Entschlüsseln einer Gebrauchsanweisung, die vom Japanischen ins Englische und dann ins Deutsche übersetzt wurde: Albert ist ein sauertöpfischer Umwelt-Aktivist, der ein Sumpfgebiet vor der Bebauung bewahren will und gerettete Felsen andichtet. Sein Lieblingsfeind ist Brad, Manager der Supermarkt-Kette Huckabees: Ein aalglatter Strahlemann, der aus PR-Gründen mit Albert um den Vorsitz der Öko-Initiative konkurriert. Er ist standesgemäß verbandelt mit der Vorzeigeblondine Dawn, dem Aushängeschild von Huckabees.

Im Fadenkreuz der Existenz-Detektive

Desweiteren treten Feuerwehrmann Tommy auf, der seit 9/11 die Ölkonzerne so sehr hasst, dass er selbst zu Bränden mit dem Fahrrad fährt (und stets früher da ist). Und ein Afrikaner, der in einer hysterisch christlichen Fundi-Familie lebt. Jeder gerät ins Fadenkreuz des Existenz-Detektivpaares Jaffe - Dustin Hoffman mit Beatles-Frisur und Lily Tomlin -, das Albert rund um die Uhr nachschnüffelt. Und um sie alle herum schwarwenzelt die französische Philosophin Caterine - der französische Star Isabelle Huppert als blutarm-verführerische Intellektuelle - , um den Jaffes Klienten abzujagen.

Wer bis hierhin gefolgt ist, dem kann man den Besuch dieser vertracktesten US-Komödie seit "Being John Malkovich" guten Gewissens empfehlen. Dass sich Hollywood-Stars trotz Minigage um einen Auftritt rissen und die Busenfreundschaft der Australierinnen Nicole Kidman und Naomi Watts bei der Konkurrenz um die Dawn-Rolle in die Brüche gegangen sein dürfte, ist ein weiteres Argument, sich den Risiken und Nebenwirkungen dieses schwindlig machenden Trips auszusetzen.

Gutklingende Weisheiten, die wie Champagnergläschen zerplatzen

Dabei funktioniert das Potpourri absurd-philosophischen Slapsticks, das von psychedelischen Trickfilmsequenzen aufgelockert wird, gar nicht mal besonders gut. Regisseur Russell ("Flirting with Disaster", "Three Kings") scheitert aus purem Übermut daran, diese zerrütteten Zeitgenossen und widersprechenden Philosophien zu einem System kommunizierender Röhren zu vereinen. Wie Champagnerbläschen steigen gutklingende Weisheiten aus dem Anekdoten-Chaos empor und zerplatzen als purer Nonsense.

Weder die Zen-therapeutisch schwallenden Detektive bieten Orientierung, noch Caterine, ein weiblicher Sartre auf Speed, die Albert mit psychoanalytischer Unbarmherzigkeit zwingt, den Kelch der Selbsterkenntis bis zur bitteren Neige auszutrinken - und ihn dann mit Sex im Urschlamm als fröhlichen Sissyphus wiederauferstehen lässt. Allerdings ließe sich ihr alteuropäisch-dekadentes Mantra über den Sinn des Lebens als "Grausamkeit, Manipulation, Bedeutungslosigkeit" durchaus auf die gallige Stimmungslage vieler Amerikaner übertragen. Nicht nur wegen der Begegnung des Antihelden mit einer Bush-Zielgruppe jener Sorte, die "French Fries" zu "Freedom Fries" umbenannt hat, wirken Russells Geistesblitze wie der Versuch eines intellektuellen Clearings nach dem Schock, den die zweite Bush-Wahl bei vielen ausgelöst hat.

Prominente Sympathisanten finden sich hier zu einer Koalition der Defätisten zusammen und zerpflücken lustig Konsum und Killerinstinkte. Mark Wahlberg nimmt als ausgetickter Feuerwehrmann sein Macho-Image auf die Schippe; Naomi Watts als propere Barbie Dawn wird ebenso vom Zweifel angenagt wie Jude Law als Karrierist Brad. Der Erfolgsmensch erfährt über sich selbst, was er nie wissen wollte: Ein Fall für Caterine, bei dem sich schon vorhersehen lässt, dass Brad nie wieder Öl, sondern fortan Sand im Getriebe der Welt sein wird.

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Birgit Roschy/AP

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