Immer schön den Ball flach halten, lautet die Lebensphilosophie von Cris Johnson, der eine gefährliche Gabe besitzt. Der Held des Thrillers "Next" tritt zwar als drittklassiger Varieté-Zauberer in Las Vegas auf. Tatsächlich aber ist er ein Hellseher, der exakt zwei Minuten in die Zukunft sehen kann. Und wenn Cris Geld braucht, gewinnt er am Roulettetisch gerade so viel, dass er mit seiner Glückssträhne niemanden misstrauisch macht. Doch als sich das FBI für ihn interessiert, funktioniert sein Versteckspiel nicht mehr.
Cris gerät ins Radar von FBI-Agentin Callie Ferris, die mit Hilfe seiner paranormalen Fähigkeit einen nuklearen Anschlag in Kalifornien verhindern will. Doch der Eigenbrötler, der seit bösen Kindheitserfahrungen jegliche Obrigkeit weiträumig umfährt, entwischt ihr ein ums andere Mal. Lieber kümmert er sich um jene unbekannte Schöne, deren Erscheinen in seinem Stammcafé er seltsamerweise schon Tage zuvor vorhersieht. Liebe und Schicksal lassen ihn schließlich doch mit Callie zusammenarbeiten: Verfolgt von Terroristen, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
"Next" reicht nicht an Vorgänger heran
Neun Mal wurden bisher die Geschichten des Science-Fiction-Autors Philip K. Dick verfilmt. Doch keine der Verfilmungen seiner Zeitschleifen- und Klon-Tüfteleien kann an die erste, den Klassiker "Blade Runner" (1982), heranreichen. Das gilt auch für "Next", der an Spielbergs "Minority Report", aber auch an die (nicht von Dick inspirierte) Komödie "Und täglich grüßt das Murmeltier" erinnert. Die erste Filmhälfte ist noch durchaus gelungen, weil der Krimi von einem packenden Gewissenskonflikt überhöht wird: Besserwisser Cris, der im Casino einen geplanten Raubüberfall verhindert und dadurch in den Fokus der Ermittler gerät, schwankt fortwährend zwischen Selbstschutz und einer undankbaren Lebensretter-Rolle.
Allerdings sind die Denksport-Angebote des Thrillers nur so lange spannend, wie der Zuschauer halbwegs folgen kann. Und bald steht nicht allein die Frage im Raum, wieso, weshalb, warum ausgerechnet eine Euro-Bande eine Atombombe zünden will. Die aufgeblasene Handlung weist Logiklöcher auf, durch die Hannibal seine Elefanten treiben könnte. In die Bresche treten Stars wie Julianne Moore, die als eisenharte Heimatschützerin so tut, als ob sie schon vorm Frühstück mindestens zwei Gesetze bricht. Und mit Jessica Biel als Cris' Angebetete Liz kommt gar jenes Wesen ins Bild, das laut der Umfrage eines Männermagazins vor kurzem Angelina Jolie als "Sexiest Woman Alive" entthronte. Biel - verwirrtes Kindergesicht und Monroe-Figur - ist eine Augenweide.
Enorm abtörnende Schlusspointe
Auch Thomas Kretschmann als Böser mit deutschem Akzent sieht zumindest gut aus. Und Oscar-Gewinner Nicolas Cage gelingt es trotz eines komischen Toupets, der Sache Dramatik zu entlocken. Wenn er mit seinem Trauerkloß-Charme verschiedene Anmach-Variationen ausprobiert oder mit entspanntem Tai-Chi-Ballett Kugeln ausweicht, ist seine Feinjustierung der Zukunft sogar überraschend originell. Diese Qualitäten werden allerdings durch eine enorm abtörnende Schlusspointe verdorben. Auch ohne Hellseher zu sein, lässt sich vorhersagen, dass darüber manchem Ticketkäufer vor Ärger das Popcorn im Hals stecken bleiben wird.