Chinesischer Pop Patchwork und Purismus

Ihre Kindheit verbrachte sie in einer mongolischen Jurte, heute mixt sie fernöstliche Klänge mit westlichen Elektrobeats. Sa Dingding könnte der erste asiatische Popstar werden, der den Weltmarkt erobert.

Bei ihren Auftritten steht Sa Dingding in ihren bunten Patchwork-Kleidern wie eine singende Gebetsfahne inmitten von tanzenden und feuerspuckenden Kung-Fu-Mönchen. Medien in Ost und West sind wie benebelt von ihrer Räucherstäbchen-Esoterik und überschlagen sich in Lobeshymnen.

Kenner der chinesischen Musik sehen Sa Dingdings Musik etwas kritischer. So sagt die chinesische Sängerin Gong Linna: "Das ist Popmusik. Professionell produziert, sehr kommerziell. Dabei wird vor allem das Tibetklischee vermarktet. Leider geht dahinter die eigentliche Qualität von Sa Dingding verloren. Ihre Musik wird aus westlicher Perspektive produziert und greift eigentlich nicht auf traditionelles chinesisches Material zurück."

Gong Linna lässt sich von chinesischen Traditionen inspirieren und bringt zusammen mit ihrem deutschen Mann, dem Experten für klassische chinesische Musik Robert Zollitsch, puristische Platten heraus. In "Walking The Path Of Life" und "Jing Ye Si" interpretiert sie althergebrachte Gesangstechniken und Volkslieder neu.

Sa Dingding ist dagegen ein perfekt auf den Weltmusikmarkt abgestimmtes Produkt. Bis in die klappernden Spitzen der Ohrringe ist die Inszenierung stimmig. Was ist denn nun echt an Sa Dingding? Wahrscheinlich nur die außergewöhnliche Klangfarbe ihrer Stimme.

Wie würde sie selbst diese eigenartige Schattierung beschreiben? Sa Dingding windet sich in esoterischen Ausführungen über das Singen. Nein, so geht das nicht. Keine Worte mehr. Wir brauchen ein Lied.

Nach einem kurzen Moment der Verblüffung schiebt die Künstlerin ihre Teetasse vom Mikrofon des Aufnahmegerätes weg und singt ein einfaches Lied. Schon nach wenigen Takten versteht man die Vorteile einer fensterlosen Behausung aus Baumwolle und Filz. Wie leicht zerspränge Glas bei einer solchen Stimme.

Wer weiß, vielleicht schenkt uns die Plattenfirma ja noch ein Doppelalbum "Sa Dingding Unplugged"? Ganz ohne Elektobeats, Tibettroddel und feuerspuckende Kung-Fu-Mönche.

maus/aci

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