Am Ende entschied allein das Publikum. Und wie: Sieben der zehn Finalisten bei "Deutschland sucht den Superstar" sind Männer, so das Zuschauer-Voting in der ersten Live-Show. Überraschenderweise verzichtete Dieter Bohlen kurz vor ein Uhr nachts, nach einem langen Superstar-Abend, sogar großmütig auf die (vorher festgelegte) Möglichkeit, drei Finalteilnehmer selbst auszuwählen. Und das, obwohl das Männer-Frauen-Verhältnis nach der Zuschauerwahl sogar sechs zu eins betrug. Doch das Publikum hatte ein Einsehen, und nominierte neben Marcel, Spitzname "Plüschi" und der Schwarm der Bravo-Fraktion, doch noch zwei Frauen: Die hübsche, aber meist zu hektische Ines sowie die blonde Steffi, die immer brav kichert, wenn sie alle trotz ihres Einser-Abis "Pamela" (Anderson) nennen.
Nach Casting-Klamauk und Halbnackedei-Shooting am Karibikstrand ist "DSDS" nun wieder ganz und gar Call-In-Show: Mit der ersten Live-Sendung am Samstagabend entscheiden wieder vorwiegend tippwütige Teenager-Daumen über Wohl und Wehe der Kandidaten und lassen sich den Spaß 50 Cent für SMS oder Anruf aus dem deutschen Festnetz kosten. Erfahren die Kandidaten doch exklusiv von einem Millionenpublikum, ob man sie "da draußen" mag oder nicht. Aber auch die Jury weiß nach den ersten Anrufen, ob sie aus den fast 35.000 Bewerbern mindestens zehn Richtige, also Anrufwürdige ausgesiebt hat.
Marco Schreyls wüste Auftaktmoderation hatte verblüffende Ähnlichkeit mit dem späteren Kurzauftritt von Scooter-Imitator und Casting-Flop Andreas ("Alfi Hartkor! Jä! Jä"). Wer danach rechtzeitig wieder bei Bewusstsein war, erfuhr von Bohlen gleich mal was über die diesjährigen Auswahlkriterien: "Wir hatten noch nie so geile Weiber wie dieses Mal, also optischmäßig", aber auch "hübsche Jungs", prahlte der Chef-Juror, gerade frisch aus Lugners Opernball-Loge zurückgekehrt. Und wärmte dann für die Kandidaten noch ein paar alte "DSDS"-Weisheiten auf: "Wir suchen hier nicht die beste Stimme, ihr müsst polarisieren. So wie Lady Gaga, und ich weiß, ihr seid auch gaga."
Groupies außer Rand und Band
Außer Rand und Band waren dann aber nur die Groupies im Publikum, meist Eltern und Freunde der Kandidaten, die regelmäßig zur ersten Live-Show im Fan-Shirt auftauchen und auch noch die lausigste Darbietung des Schützlings frenetisch abfeiern. Das half nur wenig, viele der Kandidaten zitterten sich vor lauter Aufregung durch ihren ersten großen Auftritt: Musikalisch gab es dann wohlweislich auch nur leichte Kost: "Summer of 69", Nena, "Yesterday", alles irgendwo zwischen Karaoke-Bar und Sommerzeltlager. "Plüschi" brachte es allen Ernstes fertig, zur Volksfestgranate "Country Road" auf einem Elektrobullen zu reiten.
Die sechs Damen, die es überhaupt in die Top-15-Show geschafft hatten, wollten vor allem optisch überzeugen, kamen wie Ines oder Bohlens "Spanien"-Flamme Maria in ultrakurzen Röcken, und waren wie Steffi bereit, "mit allem zu überzeugen, was sie geben können." Doch selbst Power-Stimme Kim, die einzige Frau, die es direkt ins Finale schaffte, spielt im direkten Vergleich mit den besten Männern nicht in der gleichen Liga. Als da wären "Vollblutmusiker" Mehrzhad oder Modelathlet Nelson, "bei dem neben der Stimme auch das 'Gesamtpaket' stimmt" (Nina Eichinger). Gut möglich, dass die beiden Herren das Rennen um den Superstar unter sich ausmachen.
"Kompliment für diese Auswahl" biederte sich Bohlen am Schluss noch beim Publikum an. "Wir hätten genauso entschieden", und schaute dabei tatsächlich eine Spur betroffen auf das ausgewählte Kandidaten-Häuflein. Vielleicht ein Anflug von schlechtem Gewissen? Zu viele "geile Weiber" gecastet, zu wenige Frauen mit Talent, ganz zu schweigen von einer Skandalnudel wie Annemarie Eilfeld? Wunschlos glücklich dürfte man bei RTL mit den Top Ten jedenfalls nicht sein: Zu groß ist das Gefälle bei den Fähigkeiten, und dann die vielen Kerle, die sich alle auch noch einen Tick zu ähnlich sind. Wirklich spannend werden die nächsten Mottoshows wahrscheinlich erst einmal nicht. Aber dafür kann man dann ja Bohlen nicht die Schuld geben. "DSDS" ist schließlich eine Call-In-Show und damit ja auch irgendwie Volkes Wille.