Ja, es war schlimm. Aber vielleicht ist das schon zu hoch gegriffen. Es war halt einfach langweilig. Und es ist auch langweilig, darüber zu schreiben, wie langweilig es war. So bleibt die Frage, warum es Model-Mama Heidi Klum partout nicht hinkriegt, dass das Finale von "Germany´s Next Topmodel" wenigstens unterhaltsam ist. Sondern zäh wie ein Kaugummi. Das geht ja seit Jahren schon so. Und mag auch der Fremdscham-Faktor beim GNTM-Finale 2019 enorm hoch gewesen sein – damals gaben sich Kandidatin Theresia und ihr Verlobter Thomas vor "Standesbeamtin" Heidi das Jawort – so hatte das narkotische Event wenigstens mal ein Highlight. Aber am Donnerstagabend reichte es nicht mal mehr zu einem peinlichen Exzess. Bedenklich genug.
"Germany´s Next Topmodel" Alex will ein Schnitzel
Transgender-Model Alex Mariah Peter (23) aus Köln ist die Siegerin der 16. Staffel von GNTM, die unter dem Motto "Diversity" lief. Sie, die Schneewittchen-Elegante, ist die Bodenständigste von allen. Die nicht dauernd mit ihrer Lebensgeschichte, die nicht ohne ist, hausieren ging, und die auch sonst angenehm zurückhaltend war – und nicht wie andere Kandidatinnen mit permanenten "Ich liebe es"-Sätzen nervte. Ihre Statements sind meist erfrischend überraschend. "Anderssein ist viel gewöhnlicher als wir uns oft eingestehen", meinte sie in der Final-Show, die mit ausschließlich via Screen zugeschalteten Zuschauern stattfand. Und als sie im anschließenden Live-Interview bei "Red" gefragt wurde, wie es mit ihr weitergehe, antwortete Alex: "Ich gehe jetzt erstmal ein Schnitzel essen."
Mit ihr ins Rennen gingen Dascha (21) aus Solingen, Romina (21) aus Köln und Soulin (20) aus Hamburg. Eigentlich hätte es noch eine fünfte Finalistin gegeben. Doch Ashley stieg aus persönlichen Gründen aus. Warum, wurde bei GNTM nicht thematisiert. In einem Instagram-Video gab sie allerdings selbst ein Statement ab: "Ich stelle damit meine Selbstzufriedenheit und mein inneres Bauchgefühl an erste Stelle."
Diese Kandidatinnen haben es in die Top Ten geschafft
Die 23-Jährige war kurz davor, GNTM zu verlassen, weil sie den Spaß am Modeln verloren hat. Doch dann wählte Heidi Klum sie in die Top Ten. Richtig freuen konnte sich Ashley darüber nicht. Die Bayerin studiert Jura und will später als Juristin bei der UNO arbeiten, um sich für Frauenrechte einzusetzen. Ashleys Zweifel machen sich auch bei Fotoshootings und Castings bemerkbar, deshalb dürfte ihr Weg bei GNTM schon bald enden.
Designer-Darling Soulin, deren Sieg fast schon gewiss schien, schied überraschend auf Platz drei aus und Curvy-Girl Dascha, die bis zuletzt hoffte, mit ihren Kurven zu siegen, landete auf dem zweiten Platz. Warum aber kommt die eine weiter und die andere nicht? Nach welchen Kriterien findet die Auswahl statt? Heidi hält wohl nicht viel von Transparenz. Denn: Begründungen lieferte sie nie. Ihr Solo-Urteil – sogar die sonstigen Gast-Juroren fehlten – fällte sie gottgleich. So ist´s entschieden. Und damit basta. Dazwischen sang Zoe Wees ihr Lied "Girls like us". Und als Tokio Hotel auf der Bühne standen und damit auch Klum-Ehemann Tom Kaulitz, rief Heidi in Teenager-Attitüde: "Ich habe ihn schon lange nicht mehr abgeknutscht". Und knutschte ihn ab.
Dialoge an Floskeln und Leere nicht zu überbieten
Weil es in der Modewelt so einige Designer gibt, die ästhetisch anspruchsvolle und raffinierte Schauen inszenieren, hätte man sich wenigstens davon inspirieren lassen können. Aber auch hier: Fehlanzeige. Egal ob pyro- oder lasertechnische Einlagen, die Laufsteg-Performances wirkten einfallslos. Und eher provinziell als international. Man hätte beispielsweise den künstlerischen Anspruch finden können, als die Kandidatinnen als Blumenvasen über den Laufsteg geschickt wurden, doch auch das verpuffte. Ebenso wie die Dialoge, die an Floskeln und Leere nicht zu überbieten waren. Heidi: "Was geht in deinem Kopf vor?" Soulin: "Ich liebe es zu posen". Heidi: "Wir haben es geliebt".

Sehen Sie im Video: Was machen die GNTM-Siegerinnen eigentlich heute?
Hat das noch irgendeinen Sinn? Darf danach überhaupt noch gefragt werden? Niemand versinnbildlicht besser die Sinn- und Zwecklosigkeit des Daseins als eine Figur aus der Mythologie: Sisyphos. Er rollt einen Felsen den Berg hinauf und, kaum dass er oben angelangt ist, muss er zusehen wie der Felsen wieder den Berg hinabrollt. Und das Spiel geht wieder von vorne los. Daran wird der Charakter des Absurden deutlich. GNTM schafft gewiss keinen neuen Mythos. Aber wenn man irgendetwas Freundliches über die Finalshows sagen will, dann wäre das, sie absurd zu nennen.
"Ich hoffe, ihr werdet mich nie vergessen", rief Heidi am Schluss. Aber, nein, so weit wird´s schon nicht kommen. Zumal sich Klum für die nächste Staffel schon wieder einen neuen Dreh ausgedacht hat: "Auch ältere Damen sollen zu mir kommen, ab 18 Jahren gibt’s keine Grenzen für mich."