Das Prinzip ist nicht neu, man könnte inzwischen sogar schon davon sprechen, dass es abgenutzt ist. Wie Bärbel Schäfer, Vera Int-Veen und viele andere vor ihr hilft Verona Pooth Menschen in Not. Diesmal war es eine krebskranke Witwe mit ihren beiden Kindern. Nun kann man über den Sinn solcher Formate streiten, aber die Familie brauchte Hilfe und hat sie bekommen. Im Gegensatz zu einer Show hat das Ganze also einen praktischen Sinn.
Denn ohne Fernsehen wäre die riesige Welle der Hilfsbereitschaft wohl nicht mal eine Pfütze geworden. Dass die Familie, die von Sozialhilfe lebt, zusätzlich zu Urlaub und Wohnung für den 10jährigen Sohn einen Sitzrasenmäher mit Dieselmotor und ein riesiges Gartenhaus mit Werkzeug bekommt, ist nicht ganz einzusehen. Aber im Fernsehen geht natürlich Wirkung vor Logik. Das Sozialamt kann ja den Rasenmäher wieder für eine gute Sache versteigern.
Frau Pooth macht ihre Sache ganz gut. In den leisen Szenen klingt ihre Stimme überhaupt nicht mehr schrill, sie hört zu und lässt die Frau reden, der sie helfen will. Mit den Kindern kann sie umgehen, und sie ist sich für nichts zu schade. Sie stöckelt mit ihren hohen Schuhen im Matsch, hüpft vor Freude herum, stoppt riesige Traktoren durch Wedeln mit den Armen und reibt die überwältigte Kathrin mit den schwarz lackierten Fingernägeln ganz intensiv an allen möglichen Körperstellen, um ihr Trost zu spenden. Sie leistet selten etwas, sondern räumt kamerawirksam hin und her oder rückt Bilderrahmen gerade, aber als Motivatorin einer männlichen Feuerwehrmannschaft ist sie die absolute Idealbesetzung.
Als Comic-Figur in rosa Stiefeln mit himmelblauen Flügel
Das hätte auch Vera Int-Veen machen können, aber als Vorlage für eine Zeichentrickfigur im rosa Mini mit rosa Stiefeln und himmelblauen Flügeln ist Verona wohl eindeutig die bessere Wahl.
Dann gönnt sie uns doch ein paar von ihren Verona-typischen Eigenheiten. Es sind allerdings deutlich weniger, da die Sendung ja nicht live ist. Zur Streckung des Sachverhaltes benutzt sie ständig "sozusagen" oder "ich würde sagen", zum Beispiel: "Ich würde sagen, ich habe noch einen Termin" und wiederholt oft wörtlich, was ihr Gesprächspartner gesagt hat. Auch Sätze wie "Ich brauche Helfer, die helfen!" passen zu ihr.
Wirklich schlecht sind nur die Szenen, in denen sie etwas spielen muss, zum Beispiel die Verzweiflung, wo sie jetzt Leute herbekommt, die ihr helfen. Das glaubt ihr niemand. Auch an der Interview-Technik könnte man noch etwas feilen: "Was hatte Ihr Mann für einen Charakter?" oder die Frage an die beste Freundin von Kathrin "Wie ist denn Ihre Beziehung?" führen nicht unbedingt dazu, dass der Gesprächspartner sprudelt wie ein Wasserfall. Ein paar sehr kurze Schnitte in der Moderation lassen ahnen, dass es nicht einfach war.
Alles, was Verona anpackt, wird zum Traumparadies
Für den Off-Sprecher jedenfalls ist nicht nur sie großartig, sondern alles, was sie macht. Alles ist phantastisch, alle sind ständig überwältigt. Eine Vier-Zimmer-Wohnung ist gleich ein Traumparadies, nur weil Verona die Möbel besorgt hat. Auch Verona lobt sich "Oh, das wird schön!" oder "Da hatte ich ein gutes Händchen!" Außerdem wird alles extrem dramatisiert. Offsprecher: "Verona sucht den Bürgermeister (begeistert) und hat ihn GEFUNDEN." Eine kaputte Schaukel wird zur "üblen Überraschung". Dazu ein bombastischer Sound, der alles untermalt wie beim Einzug der Legionen im Kampf um Rom.
Was wirklich ermüdend ist, ist die Länge der Sendung. Das muss auch den Machern aufgefallen sein. Zwei Stunden lang sieht man Menschen zu, die jeden Satz mit dem Wort "Zeitdruck" anfangen und mit "hoffentlich schaffen wir es!" beenden, damit es spannend wird. Das geht einem schon nach zwanzig Minuten auf die Nerven. Selbst Verona bangt immer wieder: "Habe ich mir zuviel vorgenommen?" Wenn alle fiebern, fiebert der Zuschauer eben nicht mehr. Eigentlich genügt es also, wenn Sie in Zukunft nur die letzte halbe Stunde sehen. Es wird alles so oft wiederholt, dass Sie sicher mitkommen. Bei "Engel im Einsatz", dienstags auf RTL2.