Kritik zu "Günther Jauch" Jauch gibt Hinweise, warum er aufhören will

  • von Jan Zier
Vor dem Abschied aus der eigenen Talkshow wirft Günther Jauch noch einmal die großen Fragen des politischen Lebens auf - und endet ähnlich wie der evangelische Kirchentag.

Um mal mit dem wirklich Wichtigen anzufangen: Nein, Günther Jauch hat uns nicht genau und im Detail erklärt, warum er jetzt sonntags, trotz ordentlicher Quoten, nicht mehr "Günther Jauch" machen will. Aber da gab es dann doch so eine kleine Aussage, die viel über seinen Abgang verrät: Im Gegensatz zu früher, sagte Jauch, ja, da müsse er jetzt auch mal widersprechen, im Vergleich zu früher also habe "die Bereitschaft" der SpitzenpolitikerInnen sich "auf offene Auseinandersetzungen" einzulassen, doch "spürbar nachgelassen". Vielleicht also ist es das.

Trotzdem hat er in der ersten Sendung nach dem angekündigten Abschied noch einmal versucht, die ganz großen Fragen - na ja, vielleicht nicht zu beantworten – sagen wir: zu debattieren. Margot Käßmann durfte also an dieser Stelle nicht fehlen, sollte es doch nicht einfach nur um den G7-Gipfel in Elmau gehen. Das wäre dann doch zu einfach gewesen, so als Talkshow-Thema. Zu klein gedacht. "Kann Politik noch Krisen lösen?" - also war die Frage des Abends. Es sollte nochmal um alles gehen: "Was kann Politik leisten? Welche Probleme müssen und können unsere Politiker lösen? Fehlt es ihnen an Ideen, an Kraft, an Mut? Oder erwarten wir zu viel?"

Die Politik solle sich doch mal ein Beispiel am evangelischen Kirchentag nehmen, sagte Frau Käßmann dann, denn da würden Konflikte noch ausgetragen. Es gibt eine "Sehnsucht nach Veränderung" hat sie da gespürt, irgendwie, und dass "die Visionen" fehlen, bei der Politik, natürlich, nicht bei den Gläubigen. Schließlich endete dieser beherzte Vorstoß dann aber doch in der Erkenntnis des Kanzleramtsministers Peter Altmaier (CDU), dass Politik und Kirchentag "auf einer Wellenlänge" schwimmen.

G7 - überteuertes "Kameradschaftstreffen"

Dazu passt, dass Gabor Steingart, der Herausgeber des Handelsblattes, der in den Achtzigern übrigens mal bei den Grünen war, den G7-Gipfel für ein völlig überteuertes "Kameradschaftstreffen unter Gleichgesinnten" hält. Trotzdem findet Steingart es irgendwie gut, dass die sich treffen, "Überinszenierung" hin oder her, nur müssten sie eben auch den Putin dabei haben. Und es müsste ja auch nicht grad Elmau sein, wenn es auch Berlin täte.

Weil es auf die Frage, wer die Krisen lösen soll, wenn nicht irgendeine Form von Politik, ja aber doch keine Antwort gibt, ging es dann auch mehr um die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, da mitzumachen, in dieser Politik. Dazu eingeladen war ein gewisser Dietmar Herz, Professor für Vergleichende Regierungslehre in Erfurt. Bis 2014 war er mal fünf Jahre lang SPD-Politiker und Thüringer Justizstaatssekretär. Die Regierung schiele immer auf den Wähler und das Medienecho hat er da gelernt, man habe gar das Gefühl, die "Bild"-Zeitung sitze mit am Tisch.

Unterbrechung in Günther-Jauch-Talk: "Er ist ein Mörder!"

Von Käßmanns "Visionen" will er gar nicht erst anfangen, nur von "Konzepten", etwa solchen zum humanen Strafvollzug. Aber auch da ist er in seiner eigenen Regierung nicht recht durchgedrungen - es fehlt an der Lobby, am Interesse der WählerInnen, an WählerInnen im Knast, an finanziellen Zwängen. Und dann spielten auch "persönliche Animositäten" in der Politik "eine große Rolle". Ob er noch einmal den Justizstaatssekretär geben würde? Wohl eher nicht, sagt Herr Herz, an dem bestimmt ein bemühter, aber auch kein charismatischer oder zumindest rhetorisch gewandter Politiker verloren ging.

Und dann war da noch Fagr Eladly, die Anfang 20 und bei den Jusos ist, ägyptische Eltern und noch nicht den Anspruch hat, die großen Krisen zu lösen. Aber letzte Woche von sich reden machte: Als nämlich Ägyptens Präsident el-Sisi in Berlin war, nutze sie eine Pressekonferenz kurzerhand für einen lautstarken Protestauftritt. "Er ist ein Mörder!" rief sie den Menschen zu, ehe sie abgedrängt wurde.

"Ich erwarte mir von der Politik nicht das Heil"

Im Netz wird sie für ihren Mut gelobt. Auf "konventionellem Wege konnte ich mich nicht äußern", sagt die Medizinstudentin mit dem Kopftuch. Sie prangert "gravierende Menschenrechtsverletzungen" in Ägypten an, das "totalitäre System" dort, die Waffenlieferungen in Krisengebiete. Ägypten sei ein zentraler Staat im Nahen Osten, man müsse auch mit denen sprechen, sagt Altmaier nur. "Ich erwarte mir von der Politik nicht das Heil", sagt Käßmann.

Und dann lobt sie nochmal die alten Zeiten, weil damals, sie sei ja nun keine Strauß-Anhängerin, wahrlich nicht, aber damals, unter Franz-Josef Strauß, "da wurde noch gestritten"! Ja, antwortet Altmaier, das stimmt, die Debatten seien heute "kleinteiliger", die Politiker dafür "zivilisierter". Und dass es doch gut ist, das man in diesem Land über alles reden kann. Hm. Und wie war das jetzt mit der Antwort auf die Frage des Abends? "Wenn die Politik es nicht versucht, wird es auch nicht besser", sagt Peter Altmaier. Das ist wohl so. Gut, dass wir drüber geredet haben. Und nicht zu viel erwartet.

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