Das Interview erschien zuerst im stern, Heft Nr. 19 vom 30. April 2015.
Können Sie sich noch daran erinnern, wie Heidi Klum kreischte und rief: "Germany's next Topmodel wird ...", und dann Ihr Name fiel?
Es war überwältigend. Die ganzen Wochen zuvor war man am Hoffen und Bangen. Und dann hatte ich es wirklich geschafft. Ich war glücklich, aufgeregt, euphorisch. Man kann es nicht beschreiben.
Sie sind danach viel gereist, machten Shootings für Modemagazine, liefen für große Designer. Trotzdem haben Sie vor einem Jahr gesagt: Das war's jetzt mit dem Modeln. Warum?
Das Modeln an sich hat mir immer sehr viel Spaß gemacht, doch sobald die Bilder im Kasten waren, fing der Ärger an.
Was meinen Sie?
Inzwischen ist es ja im Internet Kult, Leute fertigzumachen. Im Schutz der Anonymität schreiben Leute Dinge, die sie einem nie persönlich sagen würden. Bei einigen Kommentaren, die im Netz auf meine Fotos kamen, musste ich wirklich schlucken.
Worum ging es da?
Thema war oft mein Gewicht. Ich habe mein Leben lang Untergewicht, obwohl ich normal esse. Das ist einfach so, und für mich ist das in Ordnung. Aber auf Facebook hieß es denn knallhart: Du bist viel zu dünn. Lustigerweise war ich manchen aber auch zu dick. Da und da hat die doch zu viel, hieß es dann.
Zur Person
Jennifer Karin-Luise Hof, geboren 1991 im hessischen Langen, wurde als Schülerin bei einem Casting angesprochen und nahm mit 16 bei der dritten Staffel von "Germany's next Topmodel" teil. Zur gleichen Zeit machte sie ihre mittlere Reife. Nach dem Sieg modelte Hof für große Magazine, Modeketten und lief bei Fashionshows. Ihr Markenzeichen waren die 113 Zentimeter langen Beine. 2014, im sechsten Jahr ihrer Karriere, verabschiedete sie sich aus dem Model-Geschäft und begann eine Ausbildung. Jennifer Hof wohnt in Hessen.
War das der Anfang vom Ende?
Gewissermaßen ja. Ich habe mich immer in meinem Körper wohlgefühlt. Und ich wollte mir einfach nicht von jedem einreden lassen, dass mit mir etwas nicht stimmt. Ohnehin finde ich, dass viele zu sehr auf das Äußere fixiert sind. Sobald eine Frau eine kleine Falte hat, heißt es: Die ist alt! Früher war das Alter etwas Tolles, da hat man noch zu den Alten aufgesehen. Diesen Jugend- und Körperwahn finde ich absurd.
Bereuen Sie, bei "Germany's next Topmodel" mitgemacht zu haben?
Es war eine tolle Zeit. Allen jungen Mädchen, die Model werden wollen, würde ich raten, das bei Heidi zu versuchen, anstatt zu irgendeinem dahergelaufenen Manager zu gehen. Im Modelbusiness kann man schnell an den Falschen geraten.
Vor einem halben Jahr haben Sie eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten begonnen. Ist das nicht eine ziemlich trockene Angelegenheit?
Überhaupt nicht! Ich liebe es, Daten zu sammeln und zu bearbeiten. Die Gesetze ändern sich so schnell, dass ständig etwas passiert. Schon beim Einstellungstest wusste ich: Das ist genau mein Ding. Ich wollte unbedingt eine Ausbildung machen, die Hand und Fuß hat. Model ist man nicht für die Ewigkeit. Mit Steuern werden wir immer zu tun haben.
Mit Ihrer Mutter haben Sie auch einen Reitstall gekauft, den Sie nun gemeinsam betreiben. Größer könnte der Gegenentwurf zum glamourösen Model-Dasein nicht sein, oder?
Während ich als Model unterwegs war, hat mir meine Familie immer gefehlt - und vor allem meine Pferde. Ich kann mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Aber natürlich macht der Stall auch viel Arbeit. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich "Germany's next Topmodel" schon seit Jahren nicht mehr sehe. Ich habe schlichtweg keine Zeit mehr. Wenn ich von der Arbeit komme, geht es direkt in den Stall: zum Füttern und Ausmisten. Allein der Geruch! Pferde sind ohnehin viel ehrlicher als Menschen. Und das Beste: Ihnen ist es vollkommen schnuppe, wie jemand aussieht.