Kitsch für Kids Püppi in Pink

Sie lebt in einem Blütenschloss und treibt Eltern in den Wahnsinn: Prinzessin Lillifee ist der Hit des Jahres in der Spielzeugwelt.

Es fängt meist harmlos an. Mit einem Glitzer-Haarreif, und weil der so niedlich ist, bringt man seiner Tochter, 4, noch das passende Röschen-Armband und das Perlenset mit. Beim nächsten Stadtbummel quengelt das Kind dann so lange, bis man auch das Täschchen aus rosa Baby-Cord gekauft hat. Ehe man sich versieht, grinst einen aus jeder Ecke des Mädchenzimmers dieses zuckerwattesüße Prinzesschen mit rosa Tüllrock, goldgelben Locken und Zauberstab an: Lillifee.

Die Feen-Epidemie breitet sich mit der gleichen Geschwindigkeit aus wie Windpocken im Kindergarten. Im Februar 2004 brachte der Coppenrath-Verlag in Münster das erste Lillifee-Buch heraus; keine zwei Jahre später ist das Sortiment auf drei Bücher und zehn Alben angewachsen. Dazu kommen unglaubliche 125 Artikel rund um die Märchenfigur, vom Shampoo bis zur Schokolade, vom Beauty-Case bis zum Bleistiftanspitzer. Die Bücher wurden in 16 Sprachen übersetzt und Lizenzen an zwölf namhafte Firmen vergeben: Falke stellt Lillifee-Strümpfe her, Schiesser die Nachtwäsche. Mittlerweile haben die Bücher eine Gesamtauflage von 450 000 erzielt, und auch die Feen-Accessoires laufen prächtig, nicht zuletzt wegen der moderaten Preise: Coppenrath beziffert die Menge der bislang verkauften Röschen-Armbänder für 2,95 Euro auf 260 000 Stück, der Haarschmuck für 4,95 Euro fand 280 000 Käufer.

Urheberin des Booms ist eine Quereinsteigerin: Monika Finsterbusch, 51, kinderlos, arbeitete 20 Jahre lang als Modedesignerin, bevor sie sich 1997 selbstständig machte, um ihre "ausgeprägte Vorliebe für Plüsch und Pink" ausleben zu können. Zunächst entwarf sie zwei Figuren für Coppenrath, "Olli + Fips", die aber floppten. Für ihren nächsten Versuch las sie sich Wissen über Feen und Elfen an, nähte ein niedliches Püppchen und schrieb dazu die Geschichte der Prinzessin Lillifee, die von morgens bis abends all die Tiere pflegt, die um ihr Blütenschloss herum leben. Ein bisschen wie Pippi Langstrumpf und wie die kleine Mutter Teresa des Waldes.

Dem Coppenrath-Verleger Wolfgang Hölker präsentierte Finsterbusch die Stoffpuppe samt Buch mit einem Cover aus kuscheligem Velours. Und der hat Sinn für solche Spielereien, denn sein Verlag macht die Hälfte des Umsatzes von 47 Millionen Euro mit Produkten, welche die Figuren aus den Büchern ergänzen, etwa Trinkflaschen und Schulranzen. Vertrieben werden sie über die 1992 gegründete Edition "Spiegelburg". Sein größter Coup bisher: der Hase Felix. 1994 eingeführt, spielt dieser heute knapp 20 Prozent der Verlagseinnahmen ein. "Ich bin der Hölker aus der Provinz", sagt der 57-jährige Alleininhaber gern. Er kennt jeden seiner 120 Mitarbeiter, Kündigungen nimmt er persönlich.

Bei so viel gelebter Provinzialität verwundert es nicht, dass die Lillifee-Produkte mitunter den Charme von Selbstgebasteltem besitzen: Hier noch ein kleines angenähtes Blümchen, dort eine Bordüre, dem Buch liegt ein kleines Krönchen bei. Die Zeichnungen sehen aus wie Entwürfe und heben sich ab von all den makellosen Comicfiguren aus Japan. Ein Ende des Lillifee-Markenkults ist nicht in Sicht: Gerade wurden die Filmrechte verkauft; außerdem steht seit November ein Kindermöbelprogramm bereit - jedes Stück von Hand bemalt. Aber Eltern sollten sich entspannen: Lillifee hat ein natürliches Verfallsdatum. Ab dem dritten Schuljahr interessieren sich Mädchen für andere Dinge: für "Wendy" mit ihren Pferden oder für "Die Wilden Kerle", wegen der süßen Jungs. Allerdings: Ist das die bessere Wahl?

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Christine Mortag

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