Leute Gruß ans Grab

Barbara Kunzmann, 28, konnte sich vom Großvater nicht mehr richtig verabschieden: Deshalb schrieb sie dem Toten einen Brief.

Friedrich Kunzmann war ein einfacher Mensch. Nach dem Krieg baute er sich mit seiner Frau in Nördlingen ein Häuschen, im Keller richtete sich der passionierte Schuster eine Werkstatt ein und arbeitete gern im Garten. "Die Großeltern brauchten nicht viel für ein schönes Leben. Diese Genügsamkeit habe ich bewundert", sagt ihre Enkelin Barbara, die die beiden regelmäßig besuchte. Später, während Studium, Referendariat und als Gymnasiallehrerin in Erlangen, wurden die Entfernungen größer und die Gelegenheiten, sich zu sehen, seltener. Doch die Begegnungen mit ihrem Großvater wurden immer wichtiger. Er war ihr "Kompass". "Ich konnte meine Probleme immer relativieren, wenn ich da rausgegangen bin." Am 26. Januar 2002 starb der Großvater, kurz vor seinem 90. Geburtstag. Barbara blieb zurück mit dem Gefühl, vieles versäumt zu haben. Vieles blieb unbeantwortet, vieles unausgesprochen. Sie hatte nicht richtig Abschied genommen. Also verfasste sie einen langen Brief und legte ihn ihrem Großvater ins Grab. Bestatter entdeckten das Schreiben, nahmen es heraus und gaben es Barbaras Vater Werner. "Wir werden uns wiedersehen", hatte Barbara als letzten Gruß geschrieben. Sie wisse nicht, wann und wo - aber "gute Menschen, die das Wesentliche sehen, die sind überall gut aufgehoben".

PRODUKTE & TIPPS