Was macht eigentlich... ...Wesley Autrey?

Der New Yorker wurde am 2. Januar 2007 zum "Subway Hero": Der Bauarbeiter war vor einer fahrenden U-Bahn auf die Gleise gesprungen, um einem Studenten das Leben zu retten

Mr Autrey, Sie kommen gerade von der Arbeit ...

... ja, wir bauen an der 110. Straße ein Haus mit 20 Stockwerken. Verzeihen Sie, wenn ich etwas schmutzig bin.

Macht nichts. Sind Sie mit der U-Bahn gekommen?

Klar, ich nehme jeden Tag die U-Bahn.

Und denken Sie dann noch an den 2. Januar?

Eigentlich nicht. Es sei denn, mich spricht jemand an: "Sind Sie nicht der Subway Hero?"

So taufte man Sie, nachdem Sie dem Studenten Cameron Hollopeter das Leben gerettet hatten. Sie standen mit Ihren Töchtern Shuqui und Syshe, damals sechs und vier, in der Station "137. Straße", als Mr Hollopeter einen epileptischen Anfall bekam ...

Cameron zitterte furchtbar, ich fragte, ob ich ihm helfen könne, aber dann stolperte er und fiel auf das Gleis. Ich sah den Zug kommen, und da waren zwei Frauen, denen sagte ich: Passt auf meine Töchter auf! Ich versuchte, Camerons Hände zu greifen, ihn auf die Plattform zu ziehen, aber er rutschte mir immer wieder weg.

Und der Zug kam näher und näher.

Er war zu schnell: Wenn er uns am Bahnsteigrand erwischt hätte, wären wir beide tot. Also sprang ich runter, legte Cameron zwischen die Schienen, warf mich auf ihn, zog den Kopf ein - da fuhr schon der erste Waggon über uns rüber. Zwischen mir und dem Zug waren zwei Zentimeter.

Sie müssen Todesangst gehabt haben.

Nein. Da war die ganze Zeit etwas ... eine Kraft, die mich begleitet hat. Ich glaube an Gott, ich vertraue in meinen Glauben, vielleicht war es das. Als der Zug zum Stehen kam, hörte ich meine Töchter, die Frauen - alle schrien.

Was für ein Albtraum für Ihre Kinder!

Ich rief: Sagt den Mädchen, Daddy ist okay! Als ich unter dem Zug hervorkam, klammerte meine Kleine an einer der Frauen, ihr Blick … mein Gott. Sie ist ein Vaterkind, seit ihre Mutter und ich getrennt sind. Ich habe die Mädchen nur noch am Wochenende, und da läuft sie mir immer nach. Sie will auch nicht, dass ich eine Freundin habe. Leider …

Sprechen Shuqui und Syshe noch von dem Vorfall?

Nein. Sie haben anfangs viel geweint, aber dann lud mich Ellen DeGeneres in ihre Talkshow ein. Wir flogen für fünf Tage nach Kalifornien, sahen Disneyland, die MGM-Studios. Meine Töchter hatten Spaß; das half ihnen, zu vergessen.

Was hat die Geschichte mit Ihnen gemacht?

Ach, wissen Sie, ich werde gern gefragt: Hey, Wesley, warum arbeitest du noch? Du musst doch jetzt reich sein!

Donald Trump schenkte Ihnen 10.000 Dollar …

… die habe ich zur Bank gebracht, damit meine Töchter später etwas davon haben. Ich komme aus dem Süden, aus Floria, wir helfen uns da unten. Und plötzlich sah ich mich auf allen Zeitungen! Verrückt.

Haben Sie Kontakt zu Cameron Hollopeter?

Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit er sich damals im Krankenhaus bei mir bedankt hat. Unsere Familien wollten eigentlich mal zusammen essen gehen, aber bislang kam es nicht dazu. Er ist ja wieder an der Universität, ich habe auch viel um die Ohren. Das ist das Einzige, was sich in meinem Leben verändert hat: Ich werde viel eingeladen zu Wohltätigkeitsveranstaltungen.

Es soll jetzt ein Film über Ihre Geschichte gedreht werden.

Ich unterhalte mich gerade mit ein paar Menschen in Hollywood darüber. Aber erst mal komme ich zu euch nach Deutschland, in eine Show mit Johannes.

Zu "Menschen 2007" im ZDF?

Yeah. Ich nehme meine Töchter mit, sie sind furchtbar aufgeregt, sie fliegen so gern und fragen mich seit Wochen: "Daddy, wann geht es endlich los?"

Interview: Ulrike von Bülow

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