was-macht-eigentlich Siegfried Schmidtke

Mit seiner Frau meldete der Redakteur 1995 die Erziehung seiner Kinder als Gewerbe an; er wolle nicht schlechter gestellt sein als jeder Unternehmer, der seine Kosten steuerlich absetzen kann

Mit seiner Frau meldete der Redakteur 1995 die Erziehung seiner Kinder als Gewerbe an; er wolle nicht schlechter gestellt sein als jeder Unternehmer, der seine Kosten steuerlich absetzen kann STERN: Haben Sie am 19. Januar vor Freude gejubelt?

SCHMIDTKE: Oh, ja. Endlich haben die Verfassungsrichter bestätigt, was wir seit Jahren gesagt haben, daß die Familien in Deutschland ungerecht behandelt werden, weil sie die Kosten für die Kindererziehung bislang nicht von der Steuer absetzen konnten.

STERN: Im November 1995 haben Sie und Ihre Frau deshalb eine ungewöhnliche Firma gegründet - die 'Kinderbetreuung Kügelgen-Schmidtke GbR' - eine Firma für die Erziehung Ihrer eigenen Kinder.

SCHMIDTKE: Das war Notwehr, sozusagen. Wir haben drei Kinder. Felix geht zur Schule, Mona in den Kindergarten und Lisa wird von meiner Frau zu Hause betreut. Wir haben nicht eingesehen, warum jeder Unternehmer - bis hin zum Kaninchenzüchter - seine Kosten absetzen kann und wir nicht.

STERN: Wieviel geben Sie denn für die Erziehung Ihrer Kinder aus?

SCHMIDTKE: Etwa 800 bis 1000 Mark im Monat pro Kind. Das macht also fast 36 000 Mark im Jahr. In dem Betrag sind anteilig Kosten für Miete, Strom, Wasser, Kleidung enthalten. Dazu kommen noch die Ausgaben für Schule, Kindergarten und Freizeit. Wir sind per Gesetz verpflichtet, für den Unterhalt unserer Kinder zu sorgen. Ein Single muß keine Kinderschuhe kaufen, aber wir. Alleinerziehende konnten immerhin einen Teil der Kosten absetzen.

STERN: Wie hat das Finanzamt reagiert?

SCHMIDTKE: Das Finanzamt hat unsere Steuererklärung für 1995 natürlich nicht akzeptiert, mit der Begründung unsere Firma würde nicht auf Gewinn abzielen. Aber wir machen Gewinn. Die gesamte Gesellschaft profitiert davon, wenn unsere Kinder in der Zukunft Steuern und Rentenbeiträge zahlen. Und Großprojekte wie die Magnetschwebebahn fahren über Jahre Verluste ein. Damit haben wir unseren Widerspruch begründet. Der wurde auch zurückgewiesen, deshalb haben wir Klage beim Finanzgericht Köln eingereicht. Die Steuererklärungen für '96 und '97 habe ich noch nicht fertig.

STERN: Werden Familien in Zukunft jetzt gerecht behandelt?

SCHMIDTKE: Was das Steuerrecht angeht, schon, aber es ist auch eine Änderung des Rentenrechts nötig, das die Familien eigentlich noch viel schlimmer benachteiligt als bislang das Steuerrecht. Herr Blüm hat immer gesagt, die Rente ist der Lohn für die Lebensleistung. Das war für meine Frau wie ein Tritt in den Hintern. Sie erzieht drei Kinder und wird am Ende mit einer Mini-Rente abgespeist, von der sie nicht leben kann.

STERN: Können Sie Ihre Firma nach dem Urteil nicht einfach dichtmachen?

SCHMIDTKE: Darüber denken wir gerade nach. Wenn Ehepaare mit Kindern einen Anspruch auf zusätzliche Freibeträge von mindestens 10000 Mark haben, dann können wir uns die Mühe sparen, jeden Beleg zu sammeln und über die Firma abzurechnen. Mit dem Betrag können wir zufrieden sein.

STERN: Hatten Sie ein solches Urteil zugunsten von Familien erwartet?

SCHMIDTKE: Nein. Und daß es so schnell und mit solcher Wucht fällt, habe ich nicht mal zu hoffen gewagt. Vielleicht haben wir mit unserem Familienbetrieb und all die Eltern, die zum Beispiel gegen Kindergartengebühren geklagt haben, auch zu diesem Urteil beigetragen. Die Richter haben ein Jahrhunderturteil gefällt. Wir wollen uns bei ihnen bedanken.

STERN: Was haben Sie jetzt vor?

SCHMIDTKE: Ich werde mich dafür einsetzen, daß der 19. Januar zum Tag der Familie erklärt wird.

Mit Siegfried Schmidtke sprach STERN-Redakteurin Mara Kaemmel.

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