Früher tanzte Madonna mit spitzen Tüten als BH über die Bühne, designt war das furiose Outfit ihrer "Blond Ambition"-Tour von Haut Couturier Jean-Paul Gaultier. Und auch wenn Madge nicht auf den Brettern stand, die die Welt bedeuten, war ihr Name immer verknüpft mit hochpreisigen Modemarken wie Versace. Die Zeiten haben sich geändert. Zwar ist die Grand Dame des Pop nach wie vor blond und ambitioniert und ihre Bühnenkostüme von Gaultier, doch sobald sie die Bühne verlässt, wird sie ihr Gesicht nun für H&M in die Kameras halten. Der schwedische Mode-Discounter hat Madonna samt Tänzern nicht nur als Werbefiguren gewonnen, sondern lässt die Diva auch noch selbst entwerfen. Einen Trainingsanzug soll die Sängerin für die Stangen der Modefirma designen, nicht unpassend, wenn man bedenkt wie häufig Madonna bereits in Jogginghosen abgelichtet wurde.
Derweil darf die gesamte Tour-Gruppe munter bei H&M shoppen, pardon, sich selbst bedienen. Denn der Konzern stattet Band, Tänzer, Crewmitglieder und natürlich auch Madonna selbst mit kostenlosen Klamotten aus, die sie tragen, sobald sie die Bühne verlassen. Das "Team Madonna" darf sich aus der kompletten 2006 Kollektion bedienen. Eine "Traumhochzeit von Musik und Mode" nennen das die Schweden. "Wir bewundern Madonnas Fähigkeit Trends zu setzen", sagte die Chefdesignerin Margareta van den Bosch, "und freuen und schon darauf zu sehen, wie ihre Tour-Mitglieder die H&M Trends mit ihrem eigenen Look kombinieren." Und Madonna freut sich schon auf gemeinsame Shopping-Touren mit ihrer Entourage.
Ist sie dafür nicht schon zu alt?
Wer die Sängerin dann nicht zufällig trifft im H&M seines Vertrauens, darf die Diva in Billig-Klamotten auf Werbepostern betrachten oder gleich den von ihr entworfenen Trainingsanzug kaufen. Bis Mitte Oktober soll er in 300 der mehr als 1.200 weltweiten Filialen liegen. Doch was der Konzern als Werbe-Clou plante, könnte auch nach hinten losgehen. So meldete sich der New Yorker Werbeexperte Jerry Della Femina kritisch zu Wort und merkte auf pagesix.com an, dass Madonna mit ihren 47 Jahren doch eigentlich schon zu alt sei für ein Unternehmen mit dieser jungendlichen Zielgruppe: "Heutzutage wechseln die Jugendlichen ihre Stars alle zwei oder drei Jahre und viele kennen Madonna gar nicht. Sie würde gut zu Loehmann's passen, aber ich sehe sie nicht bei H & M.“ Loehmann's verkauft reduzierte Designer-Ware.
Statt diese Kritik an sich abperlen zu lassen, brachte Madonna ihre Pressesprecherin Liz Rosenberg in Stellung, die in der "New York Post" konterte: "Ich fordere jede 18-Jährige auf, auch nur ein Viertel dessen zu zeigen, was Madonna auf der Bühne leistet. Femina soll lieber eine nette Pille nehmen." Doch so sehr sich die Diva auch müht und nicht einmal mehr Schönheitsoperationen als abwegig empfindet, ihr Alter ist immer häufiger ein Thema. So bemerkten einige Kommentatoren der "Brit Awards" erstaunt, wie gut Magde aussah, als sie offensichtlich ohne BH einen Preis an Chris Martin verlieh. Neugierig untersuchen Presse und Hausfrauen Paparazzo -Bilder auf Fältchen und Altersflecken und der britische Boulevard moserte über Auftritte ihrer "Re-Invention Tour" sie sehe alt und abgespannt aus.
"Schönheit ist eine Frage der Disziplin"
Dabei tut die Diva alles, um so jung wie möglich auszusehen. "Schönheit ist keine Frage des Alters, sondern der Disziplin" ist ihr Motto, nach dem sie sich drei Stunden täglich mit Ashtanga-Yoga biegt, Hanteln stemmt, radelt und tanzt. Nur Rohkost kommt auf ihren Teller, alles makrobiotisch, dazu trinkt sie täglich mehrere Liter Kabbala-Wasser. Doch nicht alle Frauen betrachten sie als Vorkämpferin einer "Schön-nach-40"-Kampagne, so manche ist genervt von Madonnas sehnigen Oberarmen.
Dem schwedischen Unternehmen ist die Diskussion ums Alter herzlich egal. "Herr Femina ist doch eigentlich ein Werbeguru aus den Siebzigern", sagt Mathias Geduhn, Pressesprecher von Hennes und Mauritz, "der dürfte doch auch schon etwas älter sein." Außerdem sei für H&M das mentale Alter entscheidend und nicht das im Personalausweis. "Madonna ist einfach eine Stilikone und war auch für unsere Chefdesignerin Margareta van den Bosch schon immer prägend", sagt Geduhn. Dass die Diva durchaus noch in der Lage, Trends zu setzen oder zumindest früh zu erkennen, zeigen einige jüngere Beispiele: Imitationen der Biker-Lederjacke, die sie in ihrem Nummer-Eins-Video "Hung Up" trug, hingen bald in diversen Bekleidungsgeschäften. Und auch Turnanzugartigen Oberteile ähnlich ihrem werden inzwischen von American Apparel bis H&M verkauft. Und als sie im vergangenen Oktober die jugendlichste aller MTV-Sendungen "TRL" besuchte, trug sie schwarze Leggings unterm lila Kleid - ein Trend, der heute nicht mehr zu ignorieren ist. Was ist also logischer für eine Bekleidungskette wie H&M sich das Modevorbild gleich ins Haus zu holen?
Übrigens würde auch die von Femina empfohlene Ladekette Loehman's Madonna als Werbegesicht nicht ablehnen. Eine Unternehmenssprecherin versicherte gegenüber der "New York Post", wie gerne sie Madonna hätten, "wenn wir sie uns leisten könnten".