Es gibt ja Leute, die behaupten, Frauen und Männer seien überall gleichberechtigt. Ich kann aber versichern, dass es mindestens einen Ort gibt, wo sie das bestimmt nicht sind – vor dem Fernseher, wenn Fußball läuft.
In keiner anderen Situation des modernen Lebens kommen die chauvinistischen Atavismen des modernen Mannes so deutlich zum Vorschein. Muss das Runde ins Eckige, dann nerven Männer, brüllen Männer, rammen Männer anderen vor lauter Glück beim Jubel die Ellenbogen in die Nase, und Männer finden sich bei all ihrem geisteskranken und unzumutbaren Verhalten gegenseitig wahnsinnig angenehm. Was sie überhaupt nicht wahnsinnig angenehm finden: Frauen, die brüllen, nerven oder vor Glück ihrem Sitznachbarn eins überziehen. Frauen sollen nach dem Willen der meisten Männer, mit denen man Fußball schaut, nie mehr als »Yeah« (im Falle eines Tors) und »Oh nein« (im Falle eines Gegentors) von sich geben, und zwar bitte immer in möglichst moderatem Tonfall.
Einmal saß ich mit ein paar Freunden in einer Kneipe, es spielte Bayern gegen Schalke und das war in einer Zeit, als es auch für Bayernfans wie uns noch aufregend und nervenaufreibend war, Bayern gegen Schalke zu gucken. Vorne vorm Fernseher saß eine junge Frau, die Freundin eines entfernten Bekannten, eingewickelt in eine Bayernfahne und sie krakeelte in einem fort. Meine Freunde waren aufrichtig wütend darüber, dass sie nicht einfach in Ruhe das Spiel gucken konnten, weil diese hysterische Tante da vorne so einen Lärm machte. Ein anderes Mal saß ich mit den selben Freunden bei einem anderen sehr wichtigen Spiel und vor dem Fernseher saß ein Typ, der in einem fort »Fotzää, du bist eine Fotzää« brüllte, sobald der gegnerische Trainer gezeigt wurde. Schön war das nicht. Gestört hat es aber niemanden: Der Typ zeigte eben Emotionen.
Das haben sie von ihren Vätern so gelernt: Vater und Sohn gucken zusammen Sportschau, Mutter hängt derweil die Wäsche auf und kocht Abendessen, und wenn sie mal kurz den Kopf zur Tür rein steckt, weiß sie natürlich nicht, wie viel es gerade steht und muss fragen. Frühe Lektion: Wenn es um Fußball geht, wissen Frauen nicht, was los ist. Der Mann schafft es nicht, diese frühkindliche Prägung abzulegen, selbst wenn die Frau 90 Minuten lang neben ihm auf dem Sofa klebt.
Tatsächlich bevorzugen laut einer Umfrages ein Viertel der deutschen Männer, beim Fußballgucken unter sich zu bleiben. Dabei könnten sie von den Frauen einiges lernen: Der britische Fußballverband hat herausgefunden, dass nur knapp über die Hälfte der Fußballfans erklären kann, was die Abseits-Regel ist. Und von denen sind die meisten Frauen. Damit könnte es natürlich auch zusammenhängen, dass so viele Frauen während der Spiele lieber Wäsche aufhängen oder kochen – es ist ja auch total anstrengend, wenn man dem Typen wieder erklären muss, warum das Tor nicht gezählt hat.