Foto: Silvia Conde; Styling: Aicha Reh; Model: Charlotte / Mega Model Agency
Generell gilt, was Kurt Tucholsky sagte: »Dürfen darf man alles«. Zudem muss man froh sein, wenn die Menschen überhaupt eine Hose anziehen. Als ich in Münster studierte, hatte ich mal einen Nachbarn, der ging am liebsten ohne Hose nach seiner Hanfpflanze auf dem Balkon schauen. Er trug ein T-Shirt mit der Aufschrift: »Kannst du subtrahieren? Dann zieh ab!« – sonst nichts. Ich glaube, er war ein Mensch, der sich mehr für Hanf als für Hosen interessierte.
Auch nahe der Reeperbahn, wo ich heute lebe, entledigen sich Menschen immer wieder ihrer Hosen. Mindestens einmal pro Monat entdecke ich eine am Straßenrand. Ich glaube, das hat nichts mit ihrer Länge zu tun. Im Geschichtsunterricht habe ich gelernt, dass auch die Römer Hosen verabscheuten, weil die Germanen welche trugen, diese Barbaren. Es ist also Jacke wie Hose, ob die Hose lang oder ein bisschen zu kurz ist. Es wird immer Leute geben, die sagen, nur das eine oder das andere sei erlaubt. Aber auf diese Leute muss man pfeifen. Wie mein Nachbar auf die Hose.
Nora Gantenbrink, 29, veröffentlichte zuletzt den Kurzgeschichtenband »Verficktes Herz & andere Geschichten«, Rowohlt Verlag.
Dieser Text ist in der Ausgabe 09/15 von NEON erschienen. Hier können Einzelhefte des NEON-Magazins nachbestellt werden. Alle Ausgaben seit September 2013 gibt es auch digital in der NEON-App.Eine Übersicht der »Kaufen«-Kolumne findet ihr hier.