Darum sind alte Menschen in der U-Bahn so unhöflich und brutal. Es ist kein Klischee, dass alte Leute gern vom Krieg erzählen. Ihre Geschichten handeln allerdings meistens nicht von Flakeinsätzen und Kesselschlachten. Sondern von »Jungspunden mit viel zu lautem Walkman«, von »Halbstarken, die ihre schmutzigen Füße auf die Sitzbank legen« und ganz allgemein von »rücksichtslosen Rowdys«. Die Alten berichten vom Stellungskrieg im öffentlichen Nahverkehr. In dem sind sie allerdings nicht die Opfer, wie sie glauben, sondern die Täter. Rentner drängeln in der noch fahrenden U-Bahn zur Tür, vorbei an all den anderen, die am nächsten Halt genauso rausmüssen. Rentner steigen in öffentliche Busse ein, bevor die anderen Gäste aussteigen konnten. Rentner erkämpfen sich mit beherztem Spazierstockeinsatz einen Sitzplatz in der Straßenbahn, den man ihnen ohnehin gerade freiwillig überlassen wollte. Warum sind die Alten so aggressiv? Weil ihnen andere Alte erzählt haben, dass die Jungen jetzt so aggressiv geworden seien. Die Alten brechen die Regeln, weil sie glauben, dass diese nicht mehr gelten, und greifen an, um sich zu verteidigen. Man könnte auch von vorauseilendem Ungehorsam sprechen.
Liebe Darum ist das so: Platz da, Junge!

Dieser Text ist in der NEON-Ausgabe vom August 2013 erschienen. Hier können Einzelhefte des NEON-Magazins nachbestellt werden. Alle Ausgaben ab September 2013 gibt es außerdem auch digital in derNEON-App.