Ja, ich habe auch noch andere Probleme als die, um die es hier gleich geht. Ja, die nächsten Zeilen werden ein bisschen irre, was mir ein wenig unangenehm ist. Ohne übertreiben zu wollen, halte ich mich für einen der klarsten, kühlsten, analytischsten Menschen, die ich kenne. Aber mit diesen Fähigkeiten ist es schnell vorbei, wenn es um Fußball geht. Und vor allem: wenn Borussia Dortmund spielt, was ja heute Abend der Fall ist. Der BVB tritt in der Champions League gegen den SSC Neapel an.
Es wäre einfach, wenn ich Dortmund einfach nur hassen würde. Was ich ja durchaus tue. Ich bin FC Bayern-Fan und verachte den eitlen Streber Mats Hummels. Ich finde Jürgen Klopp unerträglich; mit seiner Kumpelmasche erinnert er mich an den Lehrer aus »Die Welle«. Mir gehen die authentischen Dortmund-Fans auf die Nerven, die sich Kohlestaub ins Gesicht schmieren und von »echter Liebe« (zu einer Aktiengesellschaft) faseln. Klingt ungerecht und übertrieben? Natürlich! Prinzipiell ist mir ja auch klar, dass Jürgen Klopp ein netter kluger Kerl und ein unfassbar guter Trainer ist – und Mats Hummels sehr talentiert und sehr hübsch. Also schäme ich mich für meine negativen Gefühle gegenüber dem BVB.
Was bedeuten diese ausschweifenden und widersprüchlichen Ausführungen nun konkret? Ich kann heute Abend das Spiel Dortmund gegen Neapel nicht ansehen, obwohl ich große Lust dazu hätte. Aber ich würde mir insgeheim wünschen, dass der BVB verliert und aus der Champions League ausscheidet. Ich würde mir eine rote Karte für Dortmund wünschen. Ich würde bei jeder Blutgrätsche eines Neapelspielers höhnisch lachen. Ich würde sehr laut und sehr aggressiv ein Abstaubertor von Napoli in der letzten Spielminute bejubeln. So viel Niedertracht, da bin ich mir ganz sicher, würde aber wiederum dem Fußballgott nicht entgehen. Der Fußballgott würde mich dafür bestrafen. Und am wahrscheinlichsten macht er das nun mal, indem er den FC Bayern bei einem sehr wichtigen Spiel verlieren lässt. Ich muss vermutlich nicht erwähnen, dass ich überhaupt nicht abergläubisch bin, außer halt in Bezug auf Fußball. Im Grunde ist es also so, dass ich Dortmund hasse, diese Einstellung aber verheimlichen muss, weil sie dem FC Bayern Pech bringen würde. Naja, so ist eben Fußball.