Bruder von Anti-Drogen-Aktivisten im Zentrum von Marseille erschossen

Amine Kessaci
Amine Kessaci
© AFP
In der südfranzösischen Hafenstadt Marseille haben Unbekannte den Bruder eines Anti-Drogen-Aktivisten erschossen. Die Täter feuerten mitten im Stadtzentrum von einem Motorroller aus auf ihr Opfer. Es sei "absolut nicht ausgeschlossen", dass der Mord an dem 20-Jährigen im Zusammenhang mit dem Einsatz seines Bruders gegen Drogen stehe, sagte Staatsanwalt Nicolas Bessone am Freitag dem Sender France Info. "Sollte sich das bewahrheiten, dann erreichen wir eine neue Dimension."

Das Opfer war der jüngere Bruder von Amine Kessaci, der sich dem Kampf gegen die Drogenkriminalität verschrieben hat. Staatsanwalt Bessone schloss aus, dass es sich um ein Zufallsopfer handelte. "Das erinnert an schreckliche Zeiten in unserem Land, als Menschen ermordet wurden, nur weil sie einer Familie angehörten, mit der jemand Probleme hatte", sagte der Staatsanwalt

Der 22 Jahre alte Amine Kessaci, der in einem sozial vernachlässigten und vom Drogenhandel geprägten Viertel im Norden von Marseille aufwuchs, hatte bereits 2020 einen anderen Bruder im Drogenkrieg verloren. Dessen verkohlte Leiche war in einem Auto gefunden worden. 

Amine Kessaci schrieb anschließend ein Buch über den Drogenkrieg in Marseille und gründete einen Verein, um betroffene Familien psychologisch und juristisch zu unterstützen. Er engagierte sich zudem bei den Grünen und unterlag in der Parlamentswahl 2024 nur knapp gegen einen Kandidaten der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National. 

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft waren die beiden Täter am Donnerstagnachmittag auf einem Motorroller in die Nähe des Autos gefahren, das Kessacis Bruder Mehdi gerade geparkt hatte, berichtete der Staatsanwalt. Der hinten auf dem Roller sitzende Mann habe mehrfach auf den noch im Auto sitzenden 20-Jährigen geschossen. 

"Es macht mich wütend, dass man in der zweitgrößten Stadt Frankreichs am helllichten Tag einfach so einen Menschen erschießen kann", sagte die Grünen-Vizebürgermeisterin Christine Juste. Grünen-Chefin Marine Tondelier sprach den Angehörigen ihr Mitgefühl aus. Ihr Parteikollege Amine Kessaci verliere "einen zweiten Bruder unter grausamen Umständen", schrieb sie im Onlinedienst X.

Marseilles Bürgermeister Benoît Payan forderte "mehr Polizisten, mehr Richter, mehr Ermittler", um den Kampf gegen den Drogenhandel zu verstärken. "Es ist wie eine Krake, die wir von allen Seiten angreifen müssen", sagte er. 

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Toten im Drogenkrieg in Marseille zurückgegangen. 2023 waren knapp 50 Menschen getötet worden, unter ihnen mehrere Unbeteiligte. Im laufenden Jahr waren es nach eine AFP-Zählung bislang 14 Todesopfer im Großraum Marseille. 

AFP