Betrug Mit Parkuhrmünzen Million ergaunert

Dass Kleinvieh auch Mist macht, hat ein Beamter in Aachen unter Beweis gestellt: Über Jahre hat er sich beim Entleeren von Parkuhren um gut eine Millionen Euro bereichert. Erst durch Zufall flog der Betrug auf.

Es war ein Lehrstück aus der Kategorie "Gelegenheit macht Diebe". Auf der Anklagebank saß der Beamte, der knapp eine Million Euro Münzgeld aus Parkuhren säckchenweise nach Hause getragen hatte. Dafür verurteilte das Aachener Landgericht den 39-Jährigen zu vier Jahren und drei Monaten Haft. Mit wenig schmeichelhaften Worten machten die Richter deutlich, wie nachlässig die finanzklamme Stadt Aachen mit ihrem Kleingeld umgegangen war, nach dem Motto: "Das haben wir schon immer so gemacht." Dieser Versuchung sei der Mann erlegen.

16 Jahre hatte der Beamte das Kleingeld aus den Parkuhren gezählt. "Das war bei anderen nicht besonders beliebt, weil es körperliche Arbeit und unsauber war", sagte der Vorsitzende Richter Heinz-Dieter Carduck in der Urteilsbegründung. Der 39-Jährige geriet finanziell in Schwierigkeiten: Sein Sportstudio ging pleite, nachdem Einbrecher wie die Vandalen gewütet hatten. Er meldete das pflichtgetreu seinem Vorgesetzten, der machte nach Angaben des Richters eine Aktennotiz. "Damit hatte der Beamte offensichtlich seine Schuldigkeit getan", sagte Carduck. Der langgediente Geldzähler in der Stadtkasse durfte weiterhin Kleingeld zählen.

Leichtes Spiel für den Beamten

Die angelieferten Münzen wurden in Eimer gekippt, von dort in Zigarrenkisten, in die Münzzählmaschine und dann in kleinere Säckchen. Wenn nicht alle Säckchen mit dem Münzgeld in die Kiste für den Geldtransport passten, wurden sie zwischengelagert. Niemand hielt die exakte Summe fest. Der Angeklagte hatte ohne weiteres Zugang zu diesem Depot. Und daraus bediente er sich - zunächst zaghaft, dann immer mutiger, sagte Carduck. Eine ernsthafte Kontrolle gab es laut Gericht nicht. Stutzig wurde man, als ein Geldinstitut das Zählen übernommen hatte und die Kasse plötzlich ein unerklärlich starkes Wachstum aufwies.

Darauf hätte die Stadt nach Meinung der Richter schon sehr viel früher kommen können. Als mit dem Euro neue Parkscheinautomaten in Aachen aufgestellt wurden, waren die exakten Einnahmen anhand von Kupons ablesbar. "Niemand hielt es für nötig, diese Kupons zu sammeln. Das ist in der Gesamtschau unverzeihlich", sagte Carduck. Diese Belege seien unbeachtet in den Keller gewandert, weitere seien in Müllsäcken gelandet.

1,3 Millionen Euro verschwunden

Die Stadt machte ihren Kassensturz, als der konkrete Verdacht schon im Raum stand: 1,3 Millionen Euro fehlten für die Zeit von Januar 2000 bis Juni 2003. Die Richter gingen nicht davon aus, dass der Angeklagte die gesamte Summe zu niederländischen Wechselstuben brachte und später zu einer belgischen Bank, dort in Geldgeschäfte investierte und damit jonglierte.

Das Gericht habe zu viele andere unsichere Stellen entdeckt. Andere hätten sich ebenfalls unbemerkt bedienen können. Die Richter gingen bei der Verurteilung wegen Untreue im besonders schweren Fall von mindestens 950.000 Euro aus. Der Anwalt legte vor der Urteilsverkündung ein Konzept vor, wie der Angeklagte mit Hilfe seiner Eltern den Schaden wieder gutmachen möchte.

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Elke Silberer/DPA

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