Reise-Kolumne Nie wieder umsteigen in Paris

Von Stéphanie Souron
Wie schafft man es, aus einer simplen Umsteigeaktion den maximalen Horror herauszuholen? Die Air France weiß Rat.

Den Hinweis hatte das Reisebüro im Kleingedruckten versteckt: "Sie müssen in Paris den Flughafen wechseln." Ich las den Zettel, während ich meine Garderobe für die Reise in den Indischen Ozean zusammenpackte und widmete dem Satz weiter keine Beachtung.

Nach der Landung auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle zeigte sich schnell, wie viel Horror die dürren Worte ankündigten: Air France ist nicht in der Lage, ein Gepäckstück durch Paris zu transportieren. Alle Passagiere, deren Anschlussflug am Flughafen Orly abhebt, müssen ihr Gepäck am Kofferband einsammeln und selbst zum Bus schleppen. Doch - wo fährt der los? Schilder gibt es nicht, und erst nach langem Umherirren findet sich jemand, der weiß, wo es langgeht: "Tür 17, dort rechts entlang", heißt es. Schon nach einer halben Stunde Wartezeit biegt tatsächlich ein Bus um die Ecke. "18 Euro, s'il vous plaît!", schnarrt der Fahrer, nachdem er einen Blick auf das Flugticket geworfen hat. Den ärgerlich hohen Fahrpreis muss ich zahlen, weil mein Reiseziel innerfranzösisch ist. Dass es sich um eine französische Insel am anderen Ende der Welt handelt, spielt keine Rolle. Kostenlos ist der Shuttlebus nur für Urlauber mit Flugzielen im Ausland. Auf der 60-minütigen Fahrt durch den Pariser Stau formuliere ich im Geiste einen Beschwerdebrief an die Airline.

Bei der Rückreise ist der Ärger fast vergessen

Nach einer Nacht in der Luft setzt die Maschine um sechs Uhr morgens in Orly auf. Eine freundliche Dame verteilt die Bordkarten für die Anschlussflüge. "Terminal 2, Gate 5, Sitz 7a" steht auf meiner. Abflug 11.10 Uhr. Ach ja, und der Bus nach Charles de Gaulle ist nun kostenlos, weil ich ja von dort ins Ausland fliege.

Am Umsteigeflughafen setzt Air France dann alle Hebel in Bewegung, um aus friedlichen Passagieren gewaltbereite Exkunden zu machen: Die Koffer, lernen wir, können wir erst 90 Minuten vor dem Start aufgeben. Ich muss also zwei Stunden mit dem Gepäck in der ungemütlichen Schalterhalle verbringen. In den Schnellrestaurants ist es nicht viel behaglicher, die Gänge zwischen den Tischen sind mit Gepäckwagen zugestellt - auch hier sitzen Beladene ihre Strafzeit ab. Um 9.40 Uhr checke ich endlich meine Tasche ein. Die Dame guckt auf das Bordticket und weist den Weg zur Sicherheitskontrolle.

Als um 11 Uhr der Flug nach Hamburg am Gate 5 immer noch nicht angezeigt wird, suche ich Hilfe bei den Airline-Angestellten am Flugsteig nebenan. "Was? Nach Hamburg wollen Sie? Der Flug ist doch längst abgefertigt - am Gate 13." Wie recht der Mann hat. Die Angaben auf meiner Bordkarte sind längst überholt, das Abfluggate hat sich geändert - doch weder die Frau am Kofferschalter noch irgendeine Durchsage haben darauf hingewiesen. "Aber weil wir sehr kulant sind, versuchen wir, Sie auf die nächste Maschine umzubuchen", sagt der Air-France-Angestellte. Kulant? Hallo? "Das ist aber doch alles Ihr Fehler", protestiere ich, während meine Halsschlagader anschwillt. So etwas passiere hier öfter, entschuldigt sich der Angestellte mit verdächtiger Routine und verweist auf einen schmuddeligen Warteraum. Ein "Geheimtipp" soll das sein, wegen der Liegestühle. Statt zu Hause im Bett liege ich nun hier auf einem vergammelten Liegegerät und formuliere weiter an meinem Beschwerdebrief. Als vier Stunden später endlich der Flieger Richtung Heimat abhebt, habe ich mein kilometerlanges Schreiben an die Air France - geistig - längst zusammengeknüllt und weggeworfen: Wenn einer Fluggesellschaft die Passagiere egal sind, was kümmert sie dann deren Beschwerden?

print

PRODUKTE & TIPPS