Banken «Basel II» wirft Schatten voraus

Die Banken drehen den mittelständischen Betrieben in Deutschland immer häufiger den Geldhahn zu. Seit dem katastrophalen Bankenjahr 2002 haben die meisten Geldinstitute die Kriterien für die Kreditvergabe massiv angezogen.

Die Banken drehen den mittelständischen Betrieben in Deutschland immer häufiger den Geldhahn zu. Jahrzehntelang reichte der gute Kontakt zur örtlichen Bank oder Sparkasse für viele Firmen aus, um an millionenschwere Kredite zu kommen. Doch damit ist es vorbei. Spätestens seit dem katastrophalen Bankenjahr 2002 haben die meisten Geldinstitute die Kriterien für die Kreditvergabe massiv angezogen.

Mittelstand reagiert zu langsam

Damit nehmen sie schon die strengen Eigenkapital-Richtlinien des Abkommens «Basel II» vorweg, die international von 2006 an gelten sollen. Der Mittelstand befürchtet von der Neuregelung gravierende Probleme, bereitet sich nach Ansicht von Experten aber nur langsam auf die neuen Zeiten vor.

Schuld an 50 % der Firmenpleiten?

«Basel II» gilt für den Mittelstand schon seit Jahren als Schreckgespenst. Nachbesserungen auf Druck Deutschlands haben die Aufregung mittlerweile etwas gedämpft. Allerdings rückt die Einführung näher und die Auswirkungen sind immer stärker schon jetzt zu spüren. Nach Einschätzung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner ist mehr als die Hälfte der Firmenpleiten bei kleineren Betrieben auf die strengere Kreditpolitik der Banken zurückzuführen. Die Hürden für einen Kredit seien deutlich höher geworden, sagt Firmengründer Bernd Rödl. "Die meisten Banken wenden Basel II schon jetzt eins zu eins an."

Höhere Zinsen bei schlechtem Rating

In der Praxis bedeutet dies, dass die Banken die Firmen vor der Kreditvergabe auf Herz und Nieren prüfen und bewerten. Bekommen sie dabei ein schwaches Rating - also schlechte Noten - müssen sie deutlich höhere Zinsen für Kredite zahlen oder bekommen gar kein Geld mehr. Bei großen Firmen ist dieses Verfahren seit langem Usus. Viele kleinere Firmen müssen sich dagegen umstellen. "Die Unternehmen werden und müssen jetzt beginnen, sich auf die durch Basel II gestiegenen Informationsanforderungen der Banken bei Kreditvergabe vorzubereiten", sagt der Bankexperte von der Unternehmensberatung Mercer, Jens Kleine.

Ende der verschwiegenheit

Viele Firmen müssen dabei vor allem ihre Verschwiegenheit aufgeben. Denn damit die Banken das Risiko bei der Kreditvergabe richtig einschätzen können, müssen die Betriebe ein detailliertes Zahlenwerk vorlegen und eine ganze Reihe Fragen über die finanzielle Situation und die Firmenstrategie beantworten. Gerade familiengeführte Betriebe tun sich damit schwer. "Ein großes Problem des Mittelstandes ist die Verschlossenheit", sagt der Präsident der Union Mittelständischer Unternehmen, Hermann Sturm. Kein Unternehmen könne aber von der Bank Kredite erwarten, wenn es nicht alle Zahlen auf den Tisch lege.

Am langfristigen Planen hakt's noch

Auch mit der langfristigen Planung der Finanzen haben kleinere Firmen oft wenig Erfahrung. "Die Liquiditätsplanung anhand des Kontoauszugs wird sicher nicht mehr möglich sein" sagt der Geschäftsführer der HypoVereinsbank-Tochter HVB Rating Advisory, Hilko Holzkämper, der auf die Beratung der Firmen für das Rating spezialisiert ist. Ein großes Problem sieht er auch im anstehenden Generationswechsel. "Manche Firmenchefs sind 70 Jahre alt und haben noch keinen Nachfolger parat."

Banken werden profitieren

Für die Banken dürfte sich die Situation durch die neuen Kreditrichtlinien nach Einschätzung von Experten verbessern. Während sie die Firmenkredite bislang einheitlich mit acht Prozent Eigenkapital unterlegen mussten, darf dieser Prozentsatz bei einer guten Kreditwürdigkeit der Kunden künftig geringer ausfallen. "Dieses Eigenkapital kann ertragbringend investiert werden", sagt Kleine. Im vergangenen Jahr war bei den meisten Banken das Eigenkapital durch die Börsenkrise und geplatzte Kredite massiv zusammengeschmolzen. "Basel II kommt vielen Banken daher durchaus gelegen", sagt Rödl.