Dramatischer Kurssturz Warum Gold an Glanz verliert

Gold war in den vergangenen Krisenjahren extrem beliebt und erreichte neue Rekordstände. Nun verliert es massiv an Wert. Warum eigentlich und was sollten Anleger tun?

Der Ruf des Goldes ist legendär. Als "sicheren Hafen" bezeichnen Anleger das Edelmetall, weil es sich insbesondere in Krisenzeiten als äußerst wertstabil erwiesen hat. In den vergangenen Jahren war meistens Krise, so wurde Gold zu immer höheren Preisen gehandelt, vor einigen Monaten waren es noch mehr als 1700 US-Dollar je Feinunze. Seitdem bröckelte der Kurs ein wenig, in den vergangenen zwei Tagen stürzte er plötzlich ab. Allein am Montag fiel der Kurs um mehr als acht Prozent auf 1352 US-Dollar - der größte Tagesverlust seit 30 Jahren. Am Dienstag stabilisierte sich der Kurs auf dem niedrigen Niveau.

Warum dieser starke Einbruch?

Der massive Einbruch des Goldkurses verwundert selbst Experten. Denn eigentlich hat sich an der weltwirtschaftlichen Lage aktuell nicht viel verändert. Die Euro-Schuldenkrise schwelt vor sich hin, und auch die USA sitzen weiter auf einem hohen Schuldenberg. Einige Analysten vermuten aber offenbar, dass die Notenbank der USA ihre extrem lockere Geldpolitik demnächst beenden könnte. Das würde die Inflationsgefahr verringern und Gold als Inflationsschutz unattraktiver machen.

Einen zumindest psychologischen Effekt könnte der geplante Verkauf von zyprischen Goldreserven haben. Das Rettungsabkommen mit dem hochverschuldeten Mittelmeerland sieht vor, dass Zypern einen Großteil seiner rund 14 Tonnen schweren Goldreserve verkaufen soll. Wie auf jedem anderen Markt sinkt auch beim Gold der Preis, wenn mehr angeboten wird. Allerdings ist der zyprische Goldschatz eigentlich viel zu klein, um solche Preisverfälle auszulösen. Zum Vergleich: Die deutschen Reserven betragen 3400 Tonnen.

Ein pragmatischer Erklärungsansatz ist: Weil die Aktienmärkte derzeit so gut laufen, investieren Großanleger ihr Geld lieber dort und nutzten den Rekordpreis beim Gold, um ordentlich Kasse zu machen. Einige Großbanken hatten Anfang April dazu geraten, Gold zu verkaufen. Die Reaktionen der Anleger bezeichnen Beobachter als panikartig.

Soll ich mein Gold jetzt verkaufen?

Auch viele Privatanleger haben in der Eurokrise Gold gekauft, um sich gegen Geldentwertung und andere Katastrophen abzusichern. Ob es mit dem Goldpreis weiter nach unten oder schon bald wieder rauf geht, kann niemand seriös vorhersagen. Jutta von Bargen, Leiterin des Vermögensmanagements der Hamburger Volksbank, rät Privatanlegern daher, sich nicht zu sehr von der aktuellen Kursentwicklung verrückt machen zulassen.

Man sollte sich vielmehr bewusst machen, warum man überhaupt Gold hält. "Wer Gold als Versicherung gegen die Staatschuldenkrise gekauft hat, muss überlegen, ob er immer noch Angst vor Krise und Inflation hat – unabhängig vom aktuellen Goldkurs“, sagt von Bargen. Wenn er die Sicherheitsreserve nicht mehr für nötig hält, sollte er verkaufen, andernfalls das Gold behalten.

Oder sollte ich genau jetzt einsteigen?

Experten spekulieren derzeit munter, ob der Preisverfall nicht eine günstige Gelegenheit sei, gerade jetzt zu kaufen oder ob man nicht noch etwas warten solle, bis der Kurs noch niedriger steht. Kleinanleger sollten sich bei solchen Zockereien zurückhalten. „Gold ist immer eine spekulative Geldanlage. Wer damit spielen will, muss sich im Klaren sein, dass der Kurs immer in beide Richtungen gehen kann“, sagt Vermögensmanagerin von Bargen.

Daher sollte man höchstens einen kleinen Teil seines Vermögens in das Edelmetall anlegen - als Sicherheit gegen Geldentwertung. „Zum Vermögensaufbau ist Gold ungeeignet, weil es keine Zinsen oder Dividenden abwirft", sagt von Bargen. Zu den Schwankungen des Kurses komme auch noch das Währungsrisiko, weil Gold in Dollar gehandelt wird.

Ist das Ende des Goldbooms erreicht?

Seit Jahrtausenden fasziniert Gold die Menschen, schon die alten Ägypter nutzten es als Zahlungsmittel. Dass Gold bald nichts mehr wert sein wird, ist praktisch ausgeschlossen. „Gold wird seine Daseinsberechtigung behalten. Nach wie vor glauben die Leute an den Wert dieses Edelmetalls. Es ist ein knappes Gut und als Industriemetall sowie Schmuck gefragt“, sagt Vermögensmanagerin von Bargen.

Das Edelmetall ist welteit nach wie vor beliebt: Im größten Abnehmerland Indien lag die Nachfrage nach Gold im vergangenen Jahr bei rund 864 Tonnen. Es wird dort traditionell für Hochzeitsgeschenke benötigt. Der weltgrößte Produzent ist China mit einer Förderung von rund 400 Tonnen. Aber auch die Chinesen kommen damit nicht aus: Die chinesische Nachfrage war 2012 mehr als doppelt so hoch wie ihre Produktion.

Der Absturz des Goldes ist zudem relativ: Der Kurs ist immer noch deutlich höher als vor drei Jahren - oder jemals davor.