Die große Party am Neuen Markt ist schon lange vorbei, jetzt wird auch das Licht ausgemacht: Spätestens Ende 2003 soll der Neue Markt regulatorisch eingestellt werden, plant die Deutsche Börse. Damit endet eine beispiellose Finanzmarkt-Story, bei der die bis dato als Aktienmuffel geltenden Deutschen erst den großen Reibach zu machen schienen, dann jedoch ein Milliarden-Vermögen verbrannten.
Einst Börse für die 'kleinen Feinen'
Als der deutsche Wachstumsmarkt im März 1987 startete, war von einer Börse für die »kleinen Feinen« die Rede, allgemein wurde der Neue Markt zu diesem Zeitpunkt ein bisschen als Nischensegment belächelt. Doch mit dem Internetboom, dem Wachstumsfieber der New Economy, stieg das deutsche Pendant zur US-Börse Nasdaq zum Erfolgsmarkt mit Traumrenditen auf.
Höhepunkt war März 2000
Den Höhepunkt erlebte die Neue-Markt-Euphorie im März 2000, als der Nemax All Share Index 8.583 Punkte und der Nemax50 sogar sagenhafte 9.665 Zähler erreichte. Doch dann platzte die Spekulationsblase: Unternehmen, die investiert hatten und sich in der Boomphase eine anspruchsvolle Kostenstruktur schufen, sahen sich plötzlich einer deutlich geringeren Nachfrage nach ihren Produkten gegenüber. Zudem wurden der New Economy in Studien plötzlich unrealistische Ziele, Wachstumstreben um jeden Preis und Managementfehler vorgeworfen.
Brutaler Niedergang
Es folgte der Absturz auf Raten: Trotz zwischenzeitlicher Erholungsphasen verlor das Börsensegment immer weiter an Wert. Skandale um falsche Ad-hoc-Meldungen, fehlerhafte Bilanzen, drastisch reduzierte Gewinnerwartungen und Insolvenzen verschärften die Kurseinbrüche. Der Börsenindex Nemax50 verlor zwischenzeitlich - vom Höchststand aus gesehen - weit über 90 Prozent.
Radikale Neuordnung
Nach den dramatischen Einbrüchen und vor allem dem Vertrauensverlust der Anleger will die Deutsche Börse nun den Aktienmarkt radikal neu ordnen und dabei den Neuen Markt einstellen. Künftig soll es einen zwei geteilten Markt in Deutschland geben: An dessen Spitze steht weiterhin der DAX, darunter gibt es eine Ebene mit zwei Bereichen - Unternehmen aus traditionellen Branchen und Unternehmen aus dem Technologiesektor. Diese drei zusammen bilden das »Prime Segment«, für das besondere Anforderungen etwa hinsichtlich der Transparenz gelten. Die Basis dieses Neuaufbaus soll das Domestic Segment sein, gedacht für Unternehmen mit nationaler Ausrichtung.
Auf Übergangsbestimmung achten
Für Thomas Bieler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ist klar: »Man nimmt eine kaputte Marke vom Markt«, die zuletzt nur noch für einen Imageschaden gesorgt habe. Anleger, die in Indexpapiere oder Fonds des Neuen Marktes investiert hatten, müssten nun schauen, wie es mit den Übergangsbestimmungen aussehe.