Frau Horsfall, wann haben Sie erkannt, dass wir eine Krise an den Finanzmärkten haben?
Dies ist nicht der erste, sondern der dritte Einbruch in diesem Jahr. Es war klar, dass nach Jahren kontinuierlich starker Gewinne die Sorge um die Wertberichtigung der Märkte zunehmen würde. Wir haben daher schon im Februar und auch jetzt Bargeldvorräte angesammelt.
Wie haben Sie bisher auf den Einbruch reagiert?
Die Situation erinnert an einen dunklen Raum voller wertvoller Gegenstände - und du stehst darin mit einem Baseball-Schläger. Das Beste ist, sich nicht zu bewegen, bis wieder die Lichter angehen - bis wir also mehr Sicherheit haben, was wirklich vor sich geht. Denn tatsächlich hat sich ja wirtschaftlich kaum etwas verändert, die Arbeitslosenzahlen gehen weiter zurück, die Gewinnspannen sind groß, der Konsum steigt, die Inflationsrate ist relativ niedrig. Die Krise betrifft vor allem die Finanzmärkte. In den vergangenen Wochen ging es darum zu verstehen, wer wie betroffen sein wird. Die Hauptsache war, einen kühlen Kopf zu bewahren.
Zur Person:
Sophie Horsfall, 33, ist "Director Global Equities" bei F&C Asset Management in London. Sie ist seit September 2002 die führende Managerin beim "Stewardship International Fond", einem der ersten und größten ethisch orientierten Investment-Fonds. Sie begann ihre Karriere 1996 beim Bankhaus Kleinwort Benson als European Oils and Chemical Analyst.
Sophie Horsfall wird Ende September 2007 kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes für einige Monate im Beruf aussetzen, will aber ab Anfang 2008 wieder arbeiten.
Haben Sie verkauft?
Wir haben nicht ver- sondern gekauft. Bei uns geht es um das Aussuchen guter Aktien. Wir kennen unsere Aktien und die Firmen dahinter sehr gut. Also haben wir die Situation genutzt, um den Bodensatz abzufischen. Zum Beispiel bei Aktien von Herstellern alternativer Energietechnik - die waren bisher stark überbewertet. Jetzt gehen die Aktienpreise zurück, und es lohnt sich wieder zu kaufen.
Mussten Sie mehr oder weniger arbeiten in den vergangenen Wochen?
Ich bin sowieso einer der bedauernswerten Menschen, die auch nach Feierabend noch die Finanznachrichten auf Bloomberg TV anschauen. Das Risiko schläft nie. Es gab allerdings weniger Arbeitstreffen mit Managern, weil diese gerade Urlaub machen. Ich hatte dadurch mehr Zeit, mich mit Analysten zu treffen. Wir sind unsere Aktien durchgegangen und haben sie alle neu bewertet, haben überprüft, ob wir sie noch halten wollen. Die Frage ist: Wenn zum Beispiel Aktien des US-Finanzdienstleisters Northern Rocks fallen, verkaufen wir oder kaufen wir sogar mehr, weil wir dem Management der Firma vertrauen. Wir hatten beispielsweise Aktien von Countrywide Financial (dem größten US-Immobilien-Finanzier, der große finanzielle Probleme hat. Anm. d. Red.), die wir noch vor den großen Abstürzen verkauft haben. Inzwischen sind sie um 30 Prozent gefallen, das war also die richtige Entscheidung.
Momentan können Sie sich also etwas entspannen?
Ich gehe zu Pilates-Stunden einmal in der Woche, und ich wandere viel. Mehr schaffe ich momentan durch meine Schwangerschaft nicht.
Was für einen Einfluss hat die Tatsache, dass gerade Urlaubs-Saison ist?
In unserer Abteilung sind nur zwei von drei Managern da. Das hat sicher einen Einfluss auf Entscheidungen. Ich denke jedoch, dass die neuen Trading-Technologien die Krise noch mehr beeinflusst haben, die Quant-Software, die darauf programmiert war, bei besonderen Kursentwicklungen zu kaufen. Ich habe zum Beispiel beobachtet, dass immer wieder die Aktien kleinerer Firmen am Ende des Tages, in der letzten Viertelstunde, bevor die Börse schließt, plötzlich um zehn Prozent hochspringen. Das waren die Käufe der Quant-Software.
Wirkt sich die Krise auf Ihr Einkommen aus?
Ich glaube, dies betrifft vor allem Finanzierungs-Spezialisten. In den Aktien-Märkten werden wir bis Ende des Jahres sicher wieder einen Aufschwung sehen. Diejenigen, die am meisten leiden sind die Hedgefonds. Da gibt es viele, die gezwungen sind zu verkaufen, und wir sehen Verluste von über zehn Prozent bei Aktien, deren Firmen eigentlich keine Probleme haben - dahinter stecken die großen Verkäufe der Hedgefonds. Ein Kollege von mir hat bei einer Telefon-Konferenz von Goldman-Sachs in der vergangenen Woche zugehört. Dort betonten sie immer wieder, dass die Geldspritze von mehr als drei Milliarden Dollar kein "SOS-Paket" sei. Aber etwas ist eindeutig nicht richtig, wenn man solche Mengen Geld zuschießen muss.
Gibt es einen Interessenkonflikt zwischen den langfristig orientierten Anlegern und den kurzfristig über Boni motivierten Finanzprofis?
Hedgefonds können sehr schnell sehr falsch liegen. Wir dagegen kennen unsere Aktien seit Jahren. Ich manage meinen Fonds seit sechs Jahren, und ich habe Firmen in meinem Portfolio, die ich noch von meinem Vorgänger übernommen habe. Das ist etwas, was vor allem ethisch orientierte Fonds machen - wir wollen langfristige Investoren sein. Ich glaube nicht, dass es besonders ethisch ist, in eine Company zu investieren und dann wegzurennen. Wir wollen lieber mit der Firma zusammenarbeiten und sie zu einem guten Investment machen, als sie auszunehmen.