Nicht verheiratete Frauen waren bisher gegenüber verheirateten benachteiligt. Wenn sie wie diese unfruchtbar waren und daher künstlich nachhalfen, konnten sie die Ausgaben dafür nicht bei der Steuer geltend machen. Dabei kostet so eine In-Vitro-Fertilisation - kurz IVF - mehrere 1000 Euro. "Sind sie gesetzlich versichert, sind unverheiratete Frauen doppelt bestraft. Ihre Krankenversicherung zahlt gar nichts, während sie bei verheirateten Frauen wenigstens die Hälfte beisteuert. Private Kassen zahlen sogar alles", erklärt Rechtsanwalt Holger Eberlein aus Berlin, Spezialist zum Thema.
Den monetären Eigenanteil können Frauen mit Trauschein dann problemlos bei der Steuer als außergewöhnliche Belastung absetzen. Dies blieb bisher Frauen ohne Trauschein verwehrt - selbst wenn sie fest mit einem Partner liiert waren. Und bisher gab der Bundesfinanzhof (BFH) zu dieser Unterscheidung seinen Segen.
Doch hier vollzog das höchste Steuergericht mit seinem jüngsten Urteil eine Kehrtwende: Nun dürfen auch unverheiratete Frauen die Kosten für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Kosten absetzen - wie ihre verheirateten Leidensgenossinnen auch. Im konkreten Streitfall hatte die Frau rund 12.000 Euro für ihre fachmännische künstliche Befruchtung ausgeben müssen und den Posten in der Steuerklärung angesetzt. Das Finanzamt verweigerte den Abzug, weil die Betroffene mit ihrem langjährigen Lebensgefährten nur in "wilder Ehe" lebt. Die Frau zog vor Gericht und bekam schon beim Finanzgericht Münster als erste Instanz Recht. Das Finanzamt ging in die Revision zum BFH - in der Hoffnung, dass der an seiner alten Rechtsauffassung festhalten werde.
Es muss absetzbar sein - Trauschein hin oder her
Aber der BFH folgte überraschend den Münsteraner Richtern. "Die Empfängnisunfähigkeit einer Frau ist - unabhängig von ihrem Familienstand - eine Krankheit", sagt nun auch der III. BFH-Senat. Auch unverheiratete Frauen müssten daher die ihr verbleibenden Ausgaben für eine Befruchtung steuerlich absetzen können - Trauschein hin oder her. Die höchsten Steuerrichter setzen allerdings eine stabile Partnerschaft voraus, wie das auch die Berufsordnung der Ärzte erfordert. Denn Mediziner dürfen eine Befruchtung nur durchführen, wenn dies gegeben ist. Dann aber, so der BFH jetzt, befände sich die Frau in der gleichen Zwangslage wie eine verheiratete Leidensgenossin.
Dass an der Formalie Ehe hier nicht festgehalten werden dürfe, begründet der BFH ausdrücklich auch mit der heutigen gesellschaftlichen Akzeptanz nichtehelicher Gemeinschaften und der wirtschaftlichen Selbständigkeit beruflich erfolgreicher Frauen. "Viele Paare ohne Kinder heiraten deshalb erst, wenn sich Nachwuchs ankündigt. Erfolgreiche künstliche Befruchtungen können deshalb auch ein Anlass für eine Heirat sein", betont der BFH (Aktenzeichen BFH III R 47/05).
Befruchtung mit Samen fremder Männer nicht geregelt
Nicht entschieden sind mit dem aktuellen BFH-Urteil hingegen jene Fälle, in denen für die künstliche Befruchtung auch oder ausschließlich der Samen fremder Männer zum Einsatz kommt. Das erlaubt zwar die Berufsordnung der Ärzte, und darauf nimmt der BFH denn auch ausdrücklich Bezug. Experte Eberlein: "Damit ist die steuerliche Behandlung dieser Frage aber noch nicht entschieden." Daher bleibt abzuwarten, wie das Niedersächsische Finanzgericht diesbezüglich als erste Instanz entscheidet. Dort führt Anwalt Eberlein einen entsprechenden Prozess.
Völlig außen vor bleiben allerdings Frauen, die mit einer Frau zusammenleben. Wenn sie ihren Kinderwunsch erfüllen wollen und sich daher mit dem Samen eines fremden Spenders künstlich befruchten lassen, gibt es überhaupt keinen Steuerabzug.