Beleidigungen am Arbeitsplatz Schriftliche Ausrutscher schwerer als mündliche

Wer sich im Job provozieren lässt, lebt gefährlich. Denn bei Beleidigungen kann am Ende die fristlose Kündigung stehen.

Zu einem angenehmen Job tragen nicht nur inhaltliche Gestaltungsspielräume oder das Gehalt bei, sondern auch ein freundliches Miteinander zwischen Kollegen und Vorgesetzten. Schwierig wird es, wenn die Arbeitsatmosphäre unhöflich oder aggressiv ist. Wer sich provozieren lässt, lebt gefährlich. Bei Beleidigungen kann am Ende die fristlose Kündigung stehen.

Eine Beleidigung ist juristisch die nach außen gerichtete Kundgabe der Nichtachtung eines anderen. Sie umfasst drei Varianten: die Äußerung eines beleidigenden Werturteils gegenüber dem Betroffenen, über den Betroffenen gegenüber Dritten sowie die Behauptung ehrenrühriger Tatsachen gegenüber Dritten.

Bildungsstand und psychische Situation berücksichtigen

Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers, seiner Vertreter oder anderer Kollegen sind immer als Gründe zur fristlosen Kündigung geeignet. Es kommt jedoch auf viele Faktoren an. Vor allem ist von Bedeutung, ob sich die Handlungsweise des betroffenen Arbeitnehmers in nachhaltiger Weise auf das Betriebsklima auswirkt und die Autorität des Angesprochenen untergräbt. Auch ist der Bildungsstand des Beleidigenden sowie seine psychische Situation zu berücksichtigen. Von Bedeutung ist, ob die Beleidigung während der Arbeit stattfand oder nicht. Denn eine in der Arbeitszeit getätigte Beleidigung entfaltet in der Regel eine ganz andere Wirkung als eine in der Freizeit gemachte. Unterschiedlich bewertet werden zudem schriftliche und mündliche Beleidigungen. Schriftliche Beleidigungen sind in der Regel eher wohlüberlegt und kalkuliert. Mündliche Beleidigungen haben oft vor Gericht das Problem der fehlenden Beweiskraft. In die Interessensabwägung fließen außerdem aber auch andere Faktoren wie die Betriebszugehörigkeit ein.

Beleidigungen sind immer Einzelfälle

Zwei Beispiele aus der Realität veranschaulichen das: So klagte eine Bürokraft gegen den sie beschäftigenden Verein. Er hatte ihr fristlos wegen grober Beleidigung gekündigt. Die Frau hatte ihre Vorgesetzte als "blöde Kuh" beschimpft. Das Landesarbeitsgericht Berlin (Aktenzeichen: 15 Sa 1222/05) erklärte die Kündigung für unwirksam, da unter den Mitarbeitern des Vereins ein rauer Umgangston üblich sei, sie überdies durch die Vorgesetzte provoziert wurde und eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre.

Anders lag der Fall eines Mitarbeiters, der seinem Geschäftsführer in Anwesenheit weiblicher Angestellter vorwarf, dass dieser "doch nur das Bumsen im Kopf habe". Dies war nach Ansicht des Gerichts eine grobe Beleidigung und so schwerwiegend, dass die Richter die fristlose Kündigung des Mitarbeiters anerkannten. Der Geschäftsführer sei in der Öffentlichkeit als "ausschließlich sexuell getrieben" dargestellt worden. Diese Äußerung sei besonders geeignet, seine Autorität nachhaltig zu beeinträchtigen.

Selbstverständlich haben Arbeitgeber immer die Option, vor der Kündigung - als milderes Mittel - eine Abmahnung auszusprechen. Sie werden hiervon sicher immer dann Gebrauch machen, wenn die Beleidigung ein einmaliger Ausrutscher und nicht so schwerwiegend war, dass nachhaltige Schäden entstanden sind. Beleidigungen sind daher immer Einzelfälle.

morgenstern

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Ulf Weigelt ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Weigelt & Ziegler in Berlin-Prenzlauer Berg.

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