Die Aktenberge stapeln sich auf dem Schreibtisch, in der Produktion gibt es ein Lieferproblem, und das neue Projekt läuft auch nicht rund. Und immer, wenn man gerade dabei ist, endlich eine nachhaltige Lösung zu organisieren, platzt der Chef rein, um einen Sack voll neuer Aufgaben abzuladen.
Man habe ja nicht so viel auf der Agenda und seit der letzten Pleite bei der Digitalisierung noch was gut zu machen, begründet er seine Delegierung - Uff! Wenn solche Blindheit des Vorgesetzten für das reale Geschehen nicht demotivierend und verletzend ist, dann ist man wahrlich abgehärtet. Doch leider kennen viele Arbeitnehmer derartige Situationen nur zu gut.
In einer Online-Umfrage des Karriereportals Monster.de aus dem April gaben deshalb knapp 9500 Beschäftigte weltweit ein Votum über ihre Chefs ab, das wenig überrascht: Jeder dritte Arbeitnehmer hält den Boss in einigen Punkten für inkompetent. Insgesamt 67 Prozent der Befragten sind demnach der Meinung, sie könnten den Job ihres Vorgesetzten besser machen. Ein Lob klingt wahrlich anders.
Die Deutschen nervt Entscheidungsunfähigkeit bei ihren Vorgesetzten am meisten, wie eine Studie der Personalberatung Rundstedt HR Partners kürzlich ergab. Hat der Chef zudem noch einen schwierigen Charakter, ist er ein Choleriker und kanzelt die Mannschaft regelmäßig für angebliche Fehler ab, wird es besonders unangenehm für die Mitarbeiter. Jeder Fünfte stößt sich indes daran, dass der Vorgesetzte keinerlei Gefühle zeigt.
Gefunden in ...
... der "Financial Times Deutschland"
Bernd Kraft, Vice President Managing Director CE von Monster: "Einen solchen Vorgesetzten zu haben ist frustrierend und erschwert den Arbeitsalltag. Wenn beispielsweise die Aufgaben des Chefs auf das Mitarbeiterteam abgewälzt werden, wissen viele nicht, wie sie sich verhalten sollen." Denn viele Arbeitnehmer befürchten Nachteile, wenn sie sich etwa über ihren direkten Vorgesetzten an höherer Stelle beschweren. "Als Arbeitnehmer sollte man sein Vorgehen gut durchdenken", rät auch Kraft. "Überstürztes Handeln bringt nichts. Hier hilft: Geduld haben, die Sachlage genau einschätzen und Beispiele für Fehlverhalten aufzeigen können."
Die Monster-Experten haben deshalb sechs Tipps für Betroffene:
- Haben Sie Geduld! Verlieren Sie nicht die Selbstkontrolle! Auch wenn der Chef dem Mitarbeiter nicht mit Professionalität begegnet, sollten Sie objektiv bleiben. Bloß keine hitzige Diskussion provozieren.
- Nehmen Sie die richtige Perspektive ein! Versuchen Sie Verständnis zu zeigen - unter Umständen hat der Vorgesetzte mehr zu tun, als er bewerkstelligen kann. Und vielleicht verlangt der Job viel mehr ab, als man als Außenstehender wahrnimmt.
- Übernehmen Sie Verantwortung! Beweisen Sie, dass sie großen Herausforderungen gewachsen sind und dass sie wirklich bessere Arbeit leisten. Das wird auffallen.
- Seien Sie selbstsicher! Glauben Sie an Ihre Fähigkeiten und teilen sie Erfahrungen und Kenntnisse mit anderen. Auch mit dem Chef. Vielleicht ist er für Hilfe und Unterstützung dankbar.
- Schützen Sie Ihre Ideen! Versuchen Sie Kollegen zu finden, die geleistete Arbeit bezeugen können. Senden Sie außerdem wichtige E-Mails cc auch an weitere Kollegen im Haus. Damit sind Sie auf der sicheren Seite, wenn Ihnen jemand hinterher die Schuld an Problemen zuschieben will.
- Finden Sie Beweise! Sollte Ihr Chef durch Fehlverhalten glänzen, sammeln Sie Belege, damit Sie im Zweifelsfall nicht als Verleumder da stehen.
Der Rundstedt-Studie zufolge unter 7000 Arbeitnehmern weltweit sind die Mitarbeiter um so unzufriedener mit ihren Team- und Abteilungsleitern, Ressortchefs und Geschäftsführern, je größer die Firma ist. Letztlich sind nur 17 Prozent der Deutschen wirklich rundum zufrieden mit ihren Vorgesetzten. Chefs, da geht noch was!