Fünf Stunden weniger Arbeit pro Woche machen für Anne-Sofie Nielsen den großen Unterschied. "Ich arbeite nur 32 statt 37 Stunden pro Woche. Dadurch habe ich jeden Tag eine Stunde mehr Zeit mit meinen Kindern und ein entspannteres Leben", sagt die 28-jährige Softwareentwicklerin. Nachmittags um drei fährt sie mit dem Rad von der Arbeit zum Kindergarten, um ihre vierjährigen Zwillinge abzuholen, die der Vater morgens gegen halb neun hingebracht hat.
"Wenn ich eine volle Stelle hätte, müsste ich sie bis um vier dort lassen", sagt Mutter Nielsen. "Dann hätte ich weniger Zeit mit den beiden und der Nachmittag würde stressiger." Schließlich wird gegen sechs gegessen und vorher muss Nielsen kochen und will natürlich mit ihren Kindern zusammen sein. "Ich arbeite nicht weniger, um während der gewonnen Zeit Staub zu saugen oder Wäsche zu waschen", sagt die Dänin und ergänzt ein wenig unernst "sehr zum Ärger meines Mannes vielleicht".
Meist arbeiten beide Elternteile
Bei den Nielsens gibt es nämlich eine klare Aufgabenteilung: sie kümmert sich ums Essen, er wäscht und putzt. "Weil mein Mann nicht eine so flexible Arbeitszeit hat wie ich, erledigt er die Dinge im Haushalt, die fast zu jeder Zeit gemacht werden können." Ihr Ehemann ist ebenfalls in der IT-Branche tätig.
Dass die Nielsens weniger verdienen als wenn Anne-Sofie voll arbeiten würde, macht nicht viel aus. Die Steuern in Dänemark sind so hoch, dass Anne-Sofie Nielsen von dem Lohn, den sie für fünf Stunden mehr Arbeit in der Woche bekommen würde, ohnehin nur knapp ein Drittel behalten würde.
Viele reduzieren nur ein bisschen
Auch wegen der hohen Steuern ist es in Dänemark üblich, dass beide Elternteile arbeiten. Teilzeitarbeit ist aber nur bei Frauen die Regel, nicht bei Männern. Während in Dänemark nur fünf Prozent der Männer im Alter zwischen 30 und 54 Jahren Teilzeit arbeiten, ist es bei den Frauen fast jede dritte. Von den Frauen unter 30 Jahren arbeitet sogar jede zweite nicht Vollzeit.
Viele reduzieren wie Anne-Sofie Nielsen ihre Arbeitszeit nur um einige Stunden in der Woche. Dann ist der Einkommensverlust nicht so groß und es schadet auch nicht der Karriere, weil man weiterhin als voller Mitarbeiter wahrgenommen wird. "Bei meiner Firma ist es sicher kein Karrierehindernis, Teilzeit zu arbeiten, aber es gibt natürlich auch Unternehmen, wo das anders ist", so die Softwareentwicklerin, die seit ihrem Studienabschluss im Jahr 2005 bei der IT-Firma Kapow Technologies arbeitet.
Ihr Chef erlaubt ihr sogar immer mal wieder von zu Hause zu arbeiten. "Wenn eines der Kinder krank ist oder ich aus einem anderen Grund zu Hause sein muss, kündige ich das einfach per E-Mail an und komme nicht ins Büro." Das macht die junge Mutter aber nur ungern. "Zu Hause zu arbeiten ist langweiliger als im Büro, wo ich auf meine Kollegen treffe", sagt sie.
Vorbildliches Betreuungssystem
Anders als in Deutschland hat das Leben in Dänemark für Familien einen großen Vorteil: Hier gibt es ein sehr gut ausgebautes, überwiegend steuerfinanziertes Kinderbetreuungssystem. Deshalb ist es normalerweise nicht notwendig auf 20 Stunden pro Woche herunter zu gehen, um sich um die Kinder kümmern zu können.
Zudem ist die Gesellschaft stärker auf Kinder ausgerichtet. Dass Anne-Sofie Nielsen einen so verständnisvollen Chef und einen so engagierten Mann hat, ist in Dänemark keine Ausnahme. Die 28-jährige erwartet noch im Sommer ihr drittes Kind. Vater und Mutter haben in Dänemark gemeinsam Anrecht auf insgesamt ein Jahr Elternzeit. Die ersten zwei Wochen nach der Geburt werden sie und ihr Mann zu Hause bleiben, von der verbleibenden Zeit nimmt er drei Monate und Anne-Sofie den Rest. "Danach werde ich vermutlich wieder mit Teilzeit einsteigen. Das scheint mir das Beste und weil auch mein Chef sagt 'Ich will dich lieber 32 Stunden die Woche als gar nicht' ist das eine gute Lösung für alle. Nicht zuletzt für die Kinder", sagt Anne-Sofie Nielsen.