Die frühere US-Investmentbank Lehman Brothers hat einem Untersuchungsbericht zufolge schon Monate vor ihrer Pleite durch Bilanztricks das Ausmaß ihrer Verschuldung verschleiert. Die Führung der Bank habe "strafbare Bilanzmanipulationen" begangen, erklärte der von einem Gericht bestellte Gutachter Anton Valukas in seinem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. In den ersten sechs Monaten 2008 lagerte die Bank demnach 500 Milliarden Dollar (heute 366 Milliarden Euro) aus ihrer Bilanz aus, um ihre wahre Verschuldung zu verbergen.
Namentlich als Verantwortliche nennt Valukas den damaligen Lehman-Chef Richard Fuld sowie drei Finanzdirektoren. Der Sachverständige äußerte sich nicht zur Rechtmäßigkeit ihres Handelns, schätzt aber, dass es zu einer Strafverfolgung führen könnte. Vorwürfe erhob Valukas zudem gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst and Young, die "unter anderem versagt hat, die unsauberen oder unangemessenen Angaben in den Finanzberichten zu hinterfragen".
Die unmittelbare Pleite von Lehman Brothers im September 2008 wurde dem Untersuchungsbericht zufolge durch das Verhalten von zwei anderen Banken beschleunigt. Valukas schreibt, die Citibank und JPMorgan hätten wenige Tage vor dem Kollaps erhöhte Sicherheiten von Lehman gefordert und Garantiebedingungen geändert. "Die Forderung der Lehman-Gläubiger hatte direkte Auswirkungen auf die Liquidität von Lehman, und die verfügbare Liquidität ist zentral für die Frage, warum Lehman pleite ging", schrieb Valukas.
Die Pleite von Lehman hatte die Finanzkrise massiv beschleunigt und zu großen Turbulenzen auf den Finanzmärkten geführt. In der Folge gingen mehrere kleinere Finanzinstitute pleite, viele Anleger auch in Deutschland verloren ihr Geld. Viele Staaten mussten der Finanzwirtschaft mit Milliardenhilfen unter die Arme greifen.