Automobilbranche "Porsche ist besser als eine Heuschrecke"

Volkswagen kauft Scania, Porsche kauft Volkswagen. Wird aus den einzelnen Marken jetzt ein Auto-Einheitsbrei? Nein, sagt Vertriebsvorstand Detlev Wittig im stern.de-Interview. Volkswagen könnte sich so mehr ums Bauen kümmern. Statt finanzielle Interessen zu befriedigen.

Herr Wittig, VW-Chef Martin Winterkorn sprach von den VW-Marken als den "Diamanten des Konzerns". Seit Montag haben Sie mit Scania einen Groß-Klunker hinzubekommen. Verkaufen Sie in Zukunft auch 40 Tonner bei Volkswagen?

Wenn Sie so wollen, ist unser Angebot in der Tat gewichtiger geworden. Im Volkswagen-Konzern werden die einzelnen Marken weiter entwickelt und behalten Ihren eigenen Charakter. Natürlich gilt das auch für eine so bedeutende Marke wie Scania. Festgefügt und solide, wie sie ist.

Wirklich überraschend war diese Entwicklung nicht.

Nein. Sie wissen, dass wir uns seit Längerem kennen und im Gespräch mit Scania sind. Insofern war das kein Überraschungscoup.

Zur Person

Detlev Wittig arbeitet seit 1973 für den Volkswagen-Konzern. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Tokio und Kanada war er für das Unternehmen tätig. Von 1995 bis 1997 war er Vorstandsmitglied des VW-Tochterunternehmens Škoda. Im Oktober 2007 hat Herr Wittig die Leitung des Konzernvertriebs von Volkswagen übernommen.

Die Bekanntgabe der Pläne von Porsche auch nicht. Aber dennoch, welche Folgen wird es durch diesen Besitzer in der Zukunft geben? Porsche ist ja kein x-beliebiger Aktionär.

Die Auswirkungen im Einzelnen müssen sicherlich noch im Konzern diskutiert werden. Aber zunächst garantiert der Eigentümer Porsche Sicherheit in der Eigentümerstruktur. Und das bedeutet Planungssicherheit und Stabilität für Volkswagen. Für die Firma und die Beschäftigten. In Zeiten, in denen Firmenkäufe getätigt werden, der Firmenkäufe wegen, ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Die bisherigen Besitzverhältnisse haben Volkswagen sehr angreifbar für Käufer jeder Art gemacht. Auch für Interessenten, die nur an Wiederverkaufserlösen interessiert gewesen wären. Die den Konzern aufgespalten hätten und nur nach Maßgabe eines Erlöses, einzelne Teile hätten veräußern wollen.

Porsche ist also besser als eine Heuschrecke?

Natürlich ist Porsche weit besser als eine Heuschrecke. Hier besteht ein langfristiges Interesse am Konzern. Porsche ist nicht nur am Besitz von Aktien interessiert, es besteht ein gemeinsames Interesse am Fahrzeugbau. Wir können uns langfristig auf die Entwicklung von Fahrzeugen konzentrieren und müssen nicht vorrangig ganz andere, finanzielle Erwartungen erfüllen.

Auch das ist beim Kauf von Aktien keine Selbstverständlichkeit. Wie kann sich der Volkswagenkunde mögliche Synergien vorstellen. Wird jetzt der Polo zum Sportwagen?

Es gibt es ja bereits eine gemeinsame Geschichte. Es gibt Entwicklungsarbeiten, die Porsche für uns macht. Ohne Porsche gäbe es keinen Touareg und ohne Volkswagen keinen Cayenne. Welche Möglichkeiten sich in der Zukunft ergeben, wird man gemeinsam sehen.

Interview: Gernot Kramper