Elf Euro achtundfünfzig das war eine Aktie der Deutschen Telekom wert, als ein damals 40-jähriger Manager namens Kai-Uwe Ricke im November 2002 den Vorstandsvorsitz übernahm. Das Unternehmen war zu jener Zeit hoch verschuldet, die einst so hoch gepriesene Volksaktie dümpelte im Börsenkeller. Ricke trat an, um beides zu ändern. Kurz gefasst: Er hat es nicht geschafft. Und es sieht auch nicht so aus, als könne es ihm unter heutigen Vorzeichen noch gelingen.
Immerhin: Schulden halbiert, Dividende stabil
Zwar wurden die Schulden des Konzerns mittlerweile auf rund 40 Milliarden Euro halbiert; ohne Zweifel eine Managementleistung. Aber Rickes Makel bleibt die T-Aktie: Seit der Konzern vor zehn Tagen enttäuschende Halbjahreszahlen und miese Prognosen vorlegte, notiert das Papier sogar unter seinem Eintrittskurs von 2002. Der Fall der Volksaktie währt schon seit Jahren. Unter dem neuen Boss verfestigte sich ihr Ruf nun als Volkstrauer-Aktie. Jetzt wackelt Rickes Chefsessel. Zu recht?
Tatsächlich fehlt dem Konzern jene Fantasie, nach der die Börse so süchtig ist: Dem herkömmlichen Telefongeschäft laufen die Kunden in Scharen weg; in der Handy-Sparte stößt das Unternehmen in Deutschland an seine Wachstumsgrenzen; der Mobilfunk-Ausbau in den USA verschlingt Milliarden; und das neue Fernsehen via superschnellem Datennetz VDSL startete kläglich.
Lähmender Großaktionär
Allerdings steckt Ricke ebenso in der Zwickmühle wie ein möglicher Nachfolger an der Telekom-Spitze. Denn der Großaktionär Bund lähmt den Konzern. An einer satten Dividende ist ihm derzeit mehr gelegen als an einem kostenintensiven Wachstumskurs im Ausland (wo Arbeitsplätze entstünden, während hier zu Lande gerade Personal abgebaut wird). So drängt der Aufsichtsrat den Konzernchef zur Zurückhaltung. Und auch der neue Telekom-Aktionär, der US-Investor Blackstone kann mit niedrigen Kursen derzeit ganz gut leben: Seinen knapp fünfprozentigen Unternehmensanteil finanzierte Blackstone größtenteils auf Pump. Zur Zinstilgung ist er auf stabile Dividenden angewiesen. Und sie zahlt die Telekom unter Ricke.
Wirbel um Kai-Uwe Ricke
Nach der Gewinnwarnung vor knapp zwei Wochen gibt es erneut Spekulationen um die Zukunft des Telekom-Chefs Kai-Uwe Ricke. Der Vertrag des 44-Jährigen läuft im November 2007 aus. In Aktionärskreisen heisst es laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus": "Niemand kann sich vorstellen, dass er noch einmal verlaengert wird."
Dank niedriger Kurse können Finanzinvestoren gleichzeitig günstig Aktien aufstocken. Deren Kalkül als Anleger geht ohnehin erst auf, wenn sich der Staat aus dem Unternehmen zurückzieht und Investoren bei der Telekom endlich das Sagen haben. Dann erhöht sich zumindest an der Börse auch die Attraktivität des Konzerns zum Beispiel als Fusionspartner für einen anderen internationalen Player aus der Branche. Bis dahin müssen sich 2,8 Millionen Kleinaktionäre wahrscheinlich weiter mit Telekom-Kursen um die 11,58 Euro zufrieden geben ob mit oder ohne Ricke an der Spitze.