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Filmindustrie Cruise rettet Chaplins Filmstudio

Wer keinen Arbeitgeber findet, kauft sich einen: Geschasst vom Filmstudio Paramount, steigt Tom Cruise beim Konkurrenten "United Artists" ein. Auf den Star wartet viel Arbeit bei dem maroden Traditionsstudio.
Von Thomas Clark

Tom Cruise will dem Filmstudio United Artists wieder Leben einhauchen - und tritt damit in die Fußstapfen der ersten Schauspielgötter Hollywoods. Nur bei seiner sonst üppigen Gage muss er zurückstecken.

Frisch geschasst vom Filmstudio Paramount, öffentlich gemaßregelt von dessen Eigentümer Sumner Redstone hat Tom Cruise nun gezeigt, wie ein echter Superstar mit einer solchen Schmach umgeht: Der Schauspieler wird selbst Studioboss.

Vorerst vier Filme pro Jahr geplant

Cruise und seine langjährige Geschäftspartnerin Paula Wagner überraschten Ende vergangener Woche mit der Ankündigung, beim Traditionsstudio United Artists (UA) einzusteigen. Wagner wird Vorstandsvorsitzende, Cruise Kreativchef. Ihre Mission: Sie wollen das in den 80er-Jahren pleitegegangene Studio, dessen Filmlager seitdem von Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) verwaltet wird, wiederbeleben - mit vorerst vier Filmen pro Jahr.

Mit diesem Schritt tritt Cruise in die Fußstapfen der ersten Schauspielgötter Hollywoods: Douglas Fairbanks, Mary Pickford und vor allem Charlie Chaplin. Dieses Trio hatte sich 1919 mit dem damals berühmtesten Regisseur D. W. Griffith zu United Artists zusammengeschlossen, um ihre eigenen und andere Filme selbst zu produzieren.

Wirtschaftliches Risiko selten getragen

Es war das erste und einzige Mal, dass die Kombination aus Schauspieler und Studioboss funktionierte. "Im Jahre 1969 formierte Barbara Streisand die First Artists Production Company, an der sich Stars wie Paul Newman, Dustin Hoffman, Sidney Poitier und Steve McQueen beteiligten. Trotz dieses Aufgebots hat das Ganze überhaupt nicht funktioniert", erinnert sich Ann Thompson, Kolumnistin beim Branchenblatt "Hollywood Reporter". Ihre Erklärung: "Jeder der Stars hat nur darauf geachtet, was für seine jeweilige Schauspielkarriere gut ist. Die geschäftliche Entwicklung der Produktionsfirma war ihnen egal."

"Stars taugen als Filmemacher generell wenig"

Stars würden als Filmemacher generell wenig taugen, behauptete der Produzent Darryl Zanuck bereits 1960 und verwies auf John Wayne, der sich kurz davor beim Epos "The Alamo" erstmals als Produzent versucht hatte - und sich dabei eine blutige Nase holte. Amerikas liebster Cowboy brachte es fertig, trotz Starbesetzung einen Totalflop zu landen.

Zwar gibt es in Hollywood mittlerweile viele Stars, die auf dem Papier ihre Filme selbst produzieren - von George Clooney über Clint Eastwood bis zu Brad Pitt. Doch wirtschaftliches Risiko tragen sie dabei selten: Die Entwicklung ihrer Projekte finanziert meist ein Studio, das dafür die Auswertung der Filme managen darf.

Tom Cruise hatte bei Paramount den mit Abstand besten dieser Deals: Rund 10 Mio. $ Jahresbudget für "Bürokosten", allein 6 Mio. $ für die Auswahl und den Kauf von Filmstoffen. Dazu ein sogenannter "20-20-Deal" - 20 Mio. $ Gage plus 20 Prozent Beteiligung an den Einspielergebnissen.

Neue Finanzquellen mit Erfolg gelockt

Das Duo Cruise/Wagner mag mit seinen seit 1993 produzierten Filmen Paramount fast 3 Mrd. $ Umsatz gebracht haben. Doch der wirtschaftliche Hauptnutznießer war nicht das Filmstudio Paramount, sondern das Duo Cruise/Wagner. Ein solches Spesen- und Beteiligungsparadies wird es für Tom Cruise bei United Artists nicht mehr geben: Bei den geplanten Budgets von 50 bis 60 Mio. $ pro Film ist Cruise bei seiner Gage zur Zurückhaltung gezwungen. "Seinen Marktwert als Star muss er jetzt investieren", so Thompson. Zudem muss er bei UA erst eine Infrastruktur schaffen. Ein Filmgelände hat die marode Studiomarke nicht. Sorgen um Cruise muss man sich trotzdem nicht machen. Gegenüber dem neuen Partner MGM hat er sich das Recht ausbedungen, jederzeit für andere Studios Filme machen zu dürfen. Und die Rechnung für seine Minderheitsbeteiligung an UA übernimmt ein noch ungenannter Hedge-Fonds.

Seit dem Wegfall der Milliarden aus deutschen Medienfonds versucht Hollywood verstärkt, neue Finanzquellen zu locken - mit Erfolg: Banken wie Credit Suisse und die Dresdner Bank haben Fonds in dreistelliger Millionenhöhe gebildet, um Filme zu produzieren.

Doch bei manchen hat sich schon wieder eine gewisse Desillusion über die Welt des Glitter und Glamour breitgemacht, behauptet der Leiter des Institute for International Film Financing, Thomas Trenker: "Viele Hedge-Fonds sind nicht zufrieden mit der Entwicklung ihrer Investments. Den Studios ist es offenbar wieder gelungen, ihre Konditionen durchzusetzen." Studioboss Cruise wird damit leben können.

FTD

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