Mit einem Stück Traubenzucker oder einem Glas Sekt fängt es an. Nervennahrung vor dem Examen und Umtrunk nach bestandener Prüfung - die Berater des Finanzdienstleisters MLP zeigen an den Universitäten ein Herz für Studenten. Beim unverbindlichen Plausch folgt die Einladung zu einem Gespräch über die persönlichen Karrierechancen, bei dem die Berater aufs Wesentliche kommen: Geld.
Produkte für künftige Topverdiener
Die MLP-Außendienstler haben es auf die Portemonnaies der Jungakademiker abgesehen. Die Produkte - Fondssparpläne, Kredite, vor allem aber Versicherungen - sind ganz auf die künftigen Topverdiener zugeschnitten. Darauf ist MLP-Chef Bernhard Termühlen besonders stolz: »Gerade mit dem ersten eigenen Geld unserer Kunden müssen wir sehr vorsichtig umgehen.« Je mehr diese in Zukunft verdienen, desto besser für MLP. Das Heidelberger Unternehmen kassiert über die Provisionen kräftig mit. Die Kunden werden denn auch edel gewählt - Ärzte, Juristen, Ingenieure. Jeder dritte von ihnen lässt sich in Sachen Finanzen bereits von der Firma mit den drei Buchstaben betreuen.
MLP notiert im DAX
Für MLP ein lohnendes Geschäft: Im vergangenen Jahr erwirtschaftete jeder der 3.100 Mitarbeiter mehr als eine halbe Million Mark - zusammen rund 1,6 Milliarden. Der Gewinn explodierte auf rund 120 Millionen Mark. MLP ist der Liebling der Aktionäre: Wer beim Börsendebüt 1988 für 10.000 Mark eingestiegen ist, hat heute rund zwei Millionen Mark. Jetzt hat das Unternehmen, das nach seinen Gründern Eicke Marschollek, Manfred Lautenschläger und Partner benannt ist, sogar den Sprung in die erste Börsenliga geschafft: Seit Montag nimmt es den Platz der Dresdner Bank, die von der Allianz geschluckt wurde, im Deutschen Aktienindex Dax ein.
Unflexible Fondspolicen empfohlen
Die Börse ist begeistert, Verbraucherschützer weniger. »Die MLP-Berater analysieren und dokumentieren alles ganz exakt«, sagt Doris Kappes, Rechtsanwältin bei der Verbraucherzentrale Hamburg, »doch wenn die Zahlen durch die hauseigene Software geschickt werden, kommt am Schluss immer das Gleiche heraus.« Das Gleiche bedeutet: Den Jungakademikern wird im Regelfall eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit, eine Kapitallebensversicherung und eine Fondspolice - also eine Lebensversicherung auf Basis vom Investmentfonds - empfohlen. Meist ist die Fondspolice aus dem Hause MLP dabei. Dass es sich dabei um eine zweite Lebensversicherung handelt, wird dem Kunden oft nicht deutlich. »Er sieht es als Aktiensparplan«, sagt Hans Dieter Meyer vom Bund der Versicherten. »Aber eine Fondspolice ist sehr unflexibel. Bevor Geld zurückfließt, muss man extrem lange einzahlen.«
Beiträge steigen überproportional
Doch damit gibt sich MLP noch lange nicht zufrieden. »Bei der Beratung werden den Kunden Versorgungslücken aufgezeigt, dass einem schwindelig wird«, sagt Verbraucherschützerin Kappes. MLP empfiehlt als Lösung regelmäßige Beitragssteigerungen von fünf bis zehn Prozent. Kappes: »Der Kunde übersieht dabei, dass seine Beiträge nicht stetig, sondern überproportional steigen.«
Günstiges Anlageergebnis?
Wenn sich das Anlageergebnis wenigstens unterm Strich für Akademiker rechnen würde. Zwar verspricht MLP seiner Klientel speziell für sie optimierte Produkte. Angesichts der wohl situierten Kundschaft mit günstigen Risiken sollten dann aber auch überdurchschnittliche Ablaufleistungen möglich sein. Doch ein Vergleich zeigt: Manch anderer Finanzdienstleister bringt bei identischen Vertragsbedingungen unterm Strich 10.000 Mark.
MLP setzt auf Risikoreduktion
MLP selbst verteidigt seine Angebote für Akademiker. »Wir haben eine sehr anspruchsvolle und kritische Kundschaft«, sagt MLP-Chef Termühlen. »Das uns anvertraute Geld setzen wir nicht auf eine Karte, um das Risiko zu reduzieren«. Ob die Kunden wirklich gut beraten sind? Versichertenvertreter Meyer hat da einen ganz anderen Verdacht: »Wenn Ärzte einmal einen Vertrag unterschrieben haben, wandert der in die Schublade und wird nie wieder angeschaut. Die haben gar keine Zeit, sich darum zu kümmern.«