Jeff Bezos war vollkommen aus dem Häuschen. "Meine Erwartungen waren hoch und sie wurden dramatisch übertroffen", schwärmte der Amazon-Gründer, als er nach seinem kurzen Ausflug in den Weltraum wieder festen Boden unter den Füßen hatte. "Der beste Tag aller Zeiten" sei das gewesen. Die Schwerelosigkeit sei eine "sehr angenehme Erfahrung" gewesen und der Blick auf die Erde "das tiefgründigste".
Es gibt also Dinge, über die sich auch der reichste Mann der Welt noch wie ein Kind freuen kann. Nach seinem historischen Trip ins All dachte Bezos aber auch an diejenigen, die dieses Projekt erst möglich gemacht hatten: "Ich möchte auch allen Amazon-Mitarbeitern und Amazon-Kunden danken", sagte er auf der Pressekonferenz. "Denn ihr habt all das bezahlt. Deshalb danke ich euch aus tiefstem Herzen." Im Publikum sorgte der Satz für Gelächter – in Wirklichkeit zeigt er, wie zynisch der Weltraum-Trip von Jeff Bezos ist.
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Kritik an Arbeitsbedingungen bei Amazon
Die so gelobten Mitarbeitenden von Amazon dürften darüber nur verbittert die Lippen verzogen haben. Seit vielen Jahren ist bekannt, wie schlecht die Arbeitsbedingungen bei dem Unternehmen sind. Zwar hat Amazon sich auf die Fahnen geschrieben, der – wie Bezos sagt – "beste Arbeitgeber der Welt" zu sein, doch die Realität sieht anders aus. So musste Amazon eingestehen, dass es durchaus vorkommt, dass Lieferfahrer:innen in Flaschen pinkeln müssen, weil sie bei ihrer Arbeit unter enormem Zeitdruck stehen. Mitarbeitende werden am Arbeitsplatz mit Videokameras überwacht und in ihrem Privatleben über die sozialen Netzwerke im Internet. Viele kommen auch krank zur Arbeit, weil sie Angst haben müssen, sonst ihren Job zu verlieren.

Auch in Deutschland gibt es immer wieder Kritik an dem Gebaren des Konzerns. Regelmäßig kommt es zu Streiks der Belegschaft, die eine bessere Bezahlung fordert. Während der Pandemie versuchte Amazon zu verhindern, dass Mitarbeitende FFP2-Masken während der Arbeit tragen, damit sie weniger Pausen einlegen müssen. Amazon-Angestellte beklagen zudem den hohen Druck durch Vorgesetzte, auch wenn der Konzern solche Anschuldigungen regelmäßig zurückweist.
Jeff Bezos wird selbst im Weltall reicher
Hinzu kommt, dass Amazon in vielen Teilen der Welt kaum Steuern zahlt. Mit diversen Tricks schafft es der Internetriese, seine Abgaben trotz hoher Einnahmen zu minimieren. Selbst unter die jetzt angepeilte globale Mindeststeuer für Großkonzerne soll Amazon nicht fallen, da das Unternehmen die nötige Profitabilitätsgrenze offiziell womöglich nicht erreicht – und das trotz steigender Umsätze im vergangenen Jahr. Auch Jeff Bezos selbst soll in einigen Jahren in den Vereinigten Staaten keinen einzigen Cent an Einkommenssteuer bezahlt haben.
Bezos' unfassbarer Reichtum ist zu einem großen Teil auf Kosten seiner Mitarbeitenden und der Steuergemeinschaft zustande gekommen. Das Ergebnis ist nur logisch: Der Chef fliegt ins Weltall, die Angestellten rackern sich unten ab. Mehr als warme Worte dürften sie nach dem Weltraumflug nicht zu erwarten haben. Bezos hingegen hat sich nicht nur seinen großen Traum erfüllt, sondern in der Zeit auch weiter mächtig Geld verdient. Wie der britische "Independent" ausgerechnet hat, ist der 57-Jährige allein während seines elfminütigen Flugs mit der Blue-Origin-Rakete mehr als 1,5 Millionen Dollar reicher geworden.