Jürgen Sengera ist hart im Nehmen. Der Vorstandsvorsitzende der WestLB AG hat als einstiger Torwart der Handball-Nationalmannschaft viele scharfe Angriffe abwehren müssen. Doch als dem früheren Spitzensportler die Auswechslung am Schreibtisch drohte, trat er lieber zurück - so wird eine einvernehmliche Trennung daraus. Der Chef der fünftgrößten deutschen Bank hatte nach der Vorlage eines Milliarden-Verlustes im Jahr 2002 deutlich an Rückhalt verloren. Ein Gutachten der Finanzaufsicht könnte in den kommenden Tagen noch mehrere WestLB-Vorstände zu Fall bringen. Presseberichten zufolge läuft die Personalsuche bereits, allerdings steht offiziell noch kein Nachfolger fest.
"Serengeti" trug ein schweres Erbe
Sengera, der in seiner Sportlerzeit in Anspielung auf den ähnlich klingenden Namen des ostafrikanischen Nationalparks "Serengeti" gerufen wurde, trat bei der WestLB ein schweres Erbe an. Vor knapp zwei Jahr übernahm er den Vorstandsvorsitz von Friedel Neuber, der 20 Jahre an der Spitze der größten deutschen Landesbank stand. Der Neue musste nicht nur die WestLB-Aufspaltung in eine öffentlich-rechtliche Landesbank NRW und eine kommerzielle WestLB AG meistern. Der Diplom-Volkswirt wollte die Bank von politischer Einflussnahme abnabeln. Gegen seinen Vorgänger gab es immer wieder Klüngel- und Filzvorwürfe.
Milliardenschwere Risokovorsorge
Als Erfolg kann der 60-jährige starke Kostensenkungen vorweisen. Sengera startete mit dem Paukenschlag, dass mehr als jeder zehnte Arbeitsplatz im Konzern bis Ende 2004 gestrichen werden soll. Die Bank müsse für den Wegfall der Staatsgarantien Mitte 2005 fit gemacht werden. Dem gegenüber stehen hohe Abschreibungen auf Beteiligungen und eine milliardenschwere Risikovorsorge, die den Bankkonzern 2002 tief in die roten Zahlen drückte. Der Vorsteuerverlust von nahezu 1,7 Milliarden Euro war der höchste unter den deutschen Großbanken. Vor allem Sparkassen kritisierten als WestLB-Miteigentümer hohe Risiken.
Umstrittenes Projekt in Ecuador
Kratzer am Image der Bank hinterließ auch die Finanzierung eines Pipeline-Baus in Ecuador. Trotz massiver Kritik von Umweltschützern hielt der Vorstand um Sengera an dem sehr umstrittenen Projekt fest. Damit wurde die WestLB AG mehrfach Thema im Düsseldorfer Landtag. In diesem Jahr nahm mit Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) nun doch wieder ein Mitglied der Landesregierung im Aufsichtsrat Platz. Das berufliche Schicksal Sengeras hängt in diesen Tagen nicht zuletzt von der Politik ab, deren Einfluss er weitgehend zurückdrängen wollte.