Die Wirtschaftskrise hat sogar sonst so wagemutige Finanzinvestoren das Fürchten gelehrt. So sehr wie seit Jahren nicht hielt die Private-Equity-Branche 2009 ihr Geld zusammen. Jetzt sitzen die bisweilen als Heuschrecken geschmähten Investoren nach Branchenangaben weltweit auf 1000 Milliarden US-Dollar (731 Mrd Euro). Und sie wittern die Chance, schon in diesem Jahr wieder als Geldgeber für klamme Unternehmen bessere Geschäfte machen zu können. Kritiker ermahnen die Branche, nicht nur auf Rendite zu schauen, sondern verantwortlich mit Firmen und deren Mitarbeitern umzugehen.
"Vor uns liegen zwei Jahre des Säens, wir sitzen auf Cash, das muss jetzt investiert werden", sagt etwa der Chef der Deutschen Beteiligungs AG, Wilken von Hodenberg. Es habe sich mehrfach gezeigt, dass nach Rezessionen gute Chancen für Beteiligungskapital bestünden.
Kritiker befürchten den Rückfall in die alte Renditejagd. "Statt Superrendite und kurze Frist geht es jetzt vielfach schlicht darum, dass Überleben von Unternehmen zu sichern", mahnt Wolfgang Rhode, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. "Die Branche hat es selbst in der Hand, die vielen Fehler der Vergangenheit auszuwetzen: Liquidität aus den Unternehmen abziehen, das darf nach der Finanzmarktkrise kein Geschäftsmodell mehr sein." Langfristig sollten Finanzinvestoren bei künftigen Übernahmen planen. Und: Die Beschäftigten müssten "umfassend informiert und tatsächlich beteiligt werden", fordert der Gewerkschafter.
Im vergangenen Jahr finanzierte die Private-Equity-Branche in Deutschland zwar fast 1200 Unternehmen - überwiegend Mittelständler - und damit nur zehn Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) am Montag mitteilte. Das Investitionsvolumen brach jedoch drastisch um drei Viertel auf 2,36 Milliarden Euro ein. Die Pleite der US- Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 versetzte den Märkten einen Schlag, der bis weit ins Jahr 2009 nachwirkte.
2010 erwarten die BVK-Mitglieder mehrheitlich einen Anstieg der Investitionen. Zwei Drittel von mehr als 100 befragten Beteiligungsgesellschaften rechnen mit einer Steigerung, fast jede fünfte erwartet zumindest ein gleichbleibendes Investitionsniveau.
Im Krisenjahr 2009 waren Investoren vor allem damit beschäftigt, bereits gekaufte Firmen zu stabilisieren. An ein Rückzug aus den Unternehmen war wegen Preisverfalls an den Märkten nicht zu denken. Inzwischen sieht die Branche Potenzial für Neugeschäft: "Wenn man jetzt ein Unternehmen kauft, das die Krise überlebt hat, kann man annehmen, dass die Hausaufgaben auf der Kostenseite gemacht sind", erklärt BVK-Präsident Hanns Ostmeier.
2009 erschwerten große Unsicherheit und fehlende Kredite das Geschäft der Finanzinvestoren - nicht nur in Deutschland. "Von 100 Plänen mussten 80 in die Schublade geschoben werden, weil der Markt nicht handlungsfähig war", bilanziert Ostmeier. Ernst & Young- Branchenexperte Joachim Spill meint jedoch: "Ganz tot war Private Equity nie." Für die Zukunft kann Spill sich Investitionen etwa bei Autozulieferern und in der Spezialchemie vorstellen. Zudem gilt grüne Energie unter Finanzinvestoren als lohnendes Ziel.
Statt Komplettübernahmen sind auch Minderheitsbeteiligungen nach Ansicht von Kennern im Kommen: Im Januar verkaufte etwa der Getränke- und Aromahersteller Wild ("Capri-Sonne") Teile des Familienbesitzes an den US-Investor Kohlberg Kravis Roberts (KKR). KKR zählt wie Blackstone und Permira zu den großen internationalen Spielern.
Dass Private-Equity-Investoren wie "Heuschrecken" die Landschaft abgrasen, Firmen aussaugen und wieder abstoßen, hatte die Branche stets als falsches Bild von sich gewiesen. Die 2005 vom damaligen SPD-Chef Franz Müntefering ausgelöste Debatte sei "aus den Köpfen der Menschen weitgehend raus", meint BVK-Geschäftsführerin Dörte Höppner.