Herr Wegner, seit der Privatisierung 1995 hat die Telekom rund 120.000 Arbeitsplätze abgebaut. Der Kahlschlag geht weiter, und Sie gucken zu?
Wegner: Jeder technologische Fortschritt, da darf man sich nichts vormachen, wird mit Arbeitsplatzabbau bezahlt. Das war schon in den 70er Jahren zu Zeiten der Bundespost der Fall. Und das ist heute aufgrund der technischen und technologischen Entwicklungen ebenso. Unsere Aufgabe ist es, den Personalabbau sozialverträglich zu gestalten, und das tun wir.
Der jüngste Plan sieht vor, 45.000 Angestellte und Beamte in neue Firmen abzuschieben - verbunden mit geringerem Lohn und längeren Arbeitszeiten. Das hat die Stimmung unter der Belegschaft noch verschlechtert.
Kein Wunder nach allem, was ihr bislang schon zugemutet wurde. Hier geht es allerdings auch um Fehler in der Vermittlung solcher Manöver: Statt die harten Schnitte zu begründen, hat der alte Vorstand eine Drohkulisse aufgebaut. Die Beschäftigen vermissten das Mindestmaß an Wertschätzung, das man braucht, um weiter motiviert zur Arbeit zu kommen.
Die neue Konzernspitze darf also den Rotstift ansetzen, wenn sie sich diplomatischer zeigt?
Über Personal-Maßnahmen wird noch gesprochen. Unsere Position ist, dass die Arbeit, die anfällt, verstärkt intern erledigt und nicht an Fremdfirmen vergeben wird. Heute werden zum Beispiel erst mal externe Montagefirmen losgeschickt. Und wenn dann etwas nicht funktioniert, kommt der Telekom-Trupp hinterher. Viele Kunden sind mit dem Service unzufrieden. Gleichzeitig wird Personal abgebaut - das passt nicht zusammen. Wir wollen hier nicht den Heizer auf der E-Lok. Aber dafür muss die E-Lok erst mal funktionieren.
Was wird dafür erforderlich sein?
Ein neues Konzept, zum Beispiel um die Kundenbindung zu erhöhen und Qualität und Service zu verbessern. Ein Konzept, nach dem neue Produkte eingeführt werden, um unsere Kunden zu animieren, länger zu telefonieren oder sich künftig Fernsehen über Telekom-Leitungen in die Wohnung zu holen.
SPD-Fraktionschef Peter Struck hat die Telekom für ihre harte Gangart beim Personalabbau scharf kritisiert. Zu Recht?
Das ist reiner Populismus. Es war und ist politisch gewollt, die Deutsche Telekom einseitig und damit zu ihrem Nachteil zu regulieren. Mit dem Resultat, dass sich ein Preiswettbewerb entwickelt hat und die Telekom erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen musste. Seit 1998 hat der Konzern 15 bis 18 Milliarden Euro an Umsatz in den Markt abgeben müssen. Die Folgen sind unter anderem im Arbeitsplatzabbau zu sehen.
Die Regulierung war notwendig, um das Monopol der Telekom zu brechen. Die Kunden haben von den sinkenden Preisen profitiert. Bei den Wettbewerbern sind neue Arbeitsplätze entstanden.
Für die Anfangszeit war die Regulierung des Marktes sicher richtig. Doch jetzt kann sie zurückgefahren werden - auch auf EU-Ebene. Der europäische Telekommunikationsmarkt ist stark zersplittert: Die ehemaligen Staatskonzerne machen sich in den jeweiligen Nachbarländern gegenseitig Konkurrenz. Wir brauchen einen nationalen wie europäischen Rechtsrahmen, der Innovationen fördert, Zukunftsinvestitionen sichert sowie Marktbereinigungen zulässt. Das ist heute nicht gegeben. Unabhängig von Kartellschranken verbietet uns schon die Regulierung viele Übernahmen.
Sie träumen von neuen Monopolen.
Nein, aber wenn die Politik die Telekommunikationsindustrie nicht an Investoren etwa aus den USA verlieren will, muss sie umdenken wie in der Luftfahrt, wo man den amerikanischen Konkurrenten mit Airbus konterte. Wenn hier kein Politikwechsel stattfindet, wird sich bald die Frage stellen: Wer frisst wen? Die Telekommunikations- und IT-Branche ist für Europa eine Schlüsselindustrie.
Airbus ist ein spezieller Fall. Ein Konsortium, bei dem der französische und der deutsche Staat ein gewichtiges Wort mitreden und das durch Subvention gestützt wird. Sie fordern doch wohl nicht im Ernst eine Re-Verstaatlichung in der Telekommunikation?
Nein, ich will keine neuen Konzerne per Staatsverordnung. Und auch die kartellrechtlichen Schranken gelten natürlich weiter. Airbus soll ja nur ein Beispiel dafür sein, dass man international Paroli bieten kann, wenn die politische Rückendeckung dafür da ist und man Größe fördert. Unsere Branche ist auf politische Unterstützung angewiesen - allein schon deshalb, weil an vielen Ex-Monopolisten der Staat immer noch beteiligt ist. Wir brauchen starke europäische Spieler.
Wenn man die Großen von der Leine lässt, werden kleinere Anbieter nicht mithalten können. Sie würden geschluckt oder gingen ein.
Was wäre daran so schlimm? Heute wird jedem kleinen Wettbewerber durch die Regulierung der rote Teppich ausgerollt. Das kann auch nicht richtig sein.