Die finanzielle Lage des Porsche-Konzerns ist nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" dramatischer als bisher bekannt. Porsche sprach zuletzt von einer Verschuldung in Höhe von neun bis zehn Milliarden Euro. Doch bei der Aufsichtsratssitzung in der Nacht zum Donnerstag kamen laut "Focus" andere Zahlen auf den Tisch: Demnach haben die Stuttgarter einen Schuldenberg von rund 14 Milliarden Euro angehäuft, vor allem durch den Kauf von VW-Aktien auf Pump sowie den Rückgang im Autogeschäft. Sitzungsteilnehmer berichteten dem Magazin, wäre es nicht zu einer Einigung mit VW gekommen, wäre Porsche in etwa zwei Wochen zahlungsunfähig gewesen.
In den nächsten Tagen wollen die VW-Experten laut "Focus" anfangen, alle Bilanzen und Berichte von Porsche sorgfältig zu prüfen. Erst danach entscheide sich, wie hoch der Kaufpreis sein werde. VW will spätestens bis Jahresende 49,9 Prozent der Porsche AG übernehmen, den Rest im nächsten Jahr.
Der Betriebsrat von Volkswagen will unterdessen einem Zeitungsbericht zufolge die Sonderrechte des Landes Niedersachsen und der Belegschaft im Unternehmen zusätzlich absichern. Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Regeln des VW-Gesetzes sollten im neuen Unternehmen von allen Beteiligten in einer Grundlagenvereinbarung festgeschrieben werden. "Wir haben das VW- Gesetz immer für alle Standorte angewandt. Und das wird auch so bleiben." Insofern werde das VW-Gesetz dann auch für Porsche gelten.
VW-Gesetz erneut auf europäischem Prüfstand
Die EU-Kommission hingegen will laut Süddeutscher Zeitung die Rechtmäßigkeit des VW-Gesetzes erneut prüfen. Der Sprecher von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy sagte dem Blatt, seine Behörde werde im September beraten, ob sie Deutschland wegen des Gesetzes zum zweiten Mal vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklage.
Die Sonderregelungen des VW-Gesetzes waren in den 60er Jahren geschaffen worden, um eine feindliche Übernahme des Konzerns auszuschließen. Sie sichert dem Land Niedersachsen ein Vetorecht in wichtigen strategischen Fragen sowie bei Standortentscheidungen. Der EuGH hatte das Gesetz bereits 2007 für unvereinbar mit europäischem Recht erklärt, weil es den freien Kapitalverkehr einschränke. Die Bundesregierung änderte die Regelung daraufhin, ließ den Passus, wonach wichtige Beschlüsse einer Kapitalmehrheit von 80 Prozent bedürfen, aber bestehen. Damit behielt das mit 20,01 Prozent beteiligte Land Niedersachsen seine Sperrminorität.