In Italien löst die Forderung nach 1- und 2-Euro-Scheinen Begeisterung aus, viele Spanier haben Probleme mit den Preisauszeichnungen, und in Frankreich erregt eine Studie über erhebliche Preissteigerungen bei Lebensmitteln die Gemüter. Nicht nur deutsche Verbraucher misstrauen den Darstellungen der Währungshüter und Statistiker, der Euro habe keine preistreibende Wirkungen. »Die Gewöhnung an den Euro geht erheblich langsamer voran als angenommen wurde«, stellte die Verbraucherorganisation UFC in Paris fest.
Nach Preisstopp sofort Verteuerung
Um Preistreibereien den Riegel vorzuschieben und die Konsumenten zu beruhigen, hatte Frankreich in den ersten Monaten nach dem Start des neuen Bargeldes Preiserhöhungen weitgehend unterbunden. Eine Untersuchung der UFC (Union fédérale des Consommateurs) kommt nun zu dem Schluss, dass Artikel des täglichen Bedarfs nach Aufhebung des Preisstopps während der vergangenen Monate zum Teil drastisch teurer geworden sind. Bestimmte Marken bei Kakaopulver und Frühstücksflocken hätten sich um 5 Prozent verteuert, beim Olivenöl um 4,5 Prozent und beim Camembert um 3,7 Prozent. Untersucht wurden fast 50.000 Preisangaben von 53 Artikeln in 1.040 Supermärkten und Läden großer Handelsketten.
Aussage gegen Aussage
»Die Preise dürften im Herbst weiter steigen, Artikel des täglichen Einkaufskorbs könnten bis zum Jahresende innerhalb von zwei Jahren um 10 Prozent teurer geworden sein«, sagt UFC-Präsidentin Marie-José Nicoli voraus. »Das ist reinste Fantasie«, schimpfte dagegen Jérôme Bédier, Präsident des französischen Handels-Verbandes. Nur wenige Artikel von den tausenden, die es in den Regalen gibt, sind nach seiner Darstellung untersucht worden. Auch die offiziellen Inflationsstatistiken weisen nur eine mäßige Teuerung seit der Euro-Umstellung auf. Von März bis Juni stiegen die Preise des täglichen Bedarfs lediglich um 0,5 Prozent, erklärte das Statistikamt INSEE mit Hinweis auf die wesentlich breitere eigene Untersuchungsbasis, die monatlich rund 27.000 Läden und Märkte aller Größenordnungen umfasst.
»Gefühlte« Inflation
Dennoch sind viele Franzosen davon überzeugt, das die Preise wegen des Euro-Bargeldes erheblich gestiegen sind. »Selbst Obst und Gemüse sind in diesem Sommer teurer geworden. Ich habe meine Gewohnheiten nicht geändert und kaufe stets das Gleiche ein. Um nicht zu viel zu bezahlen, nehme ich immer meinen Taschenrechner mit«, erklärte eine 67-jährige Rentnerin bei einer Umfrage der Tageszeitung 'France Soir'.
Kopfrechnen in Spanien
Nicht nur in Frankreich rechnen viele Verbraucher Euro noch in ihre früheren Heimatwährungen um, damit sie nicht von überhöhten Preisforderungen übertölpelt werden. Wie den Franzosen fällt auch den Spaniern die Gewöhnung an den Euro vor allem deshalb schwer, weil die Umrechnungsformel kompliziert ist. Ein Euro entspricht in Spanien 166 Pesetas, in Frankreich 6,56 Franc. Bei einer Umfrage in Spanien gaben erst kürzlich nur 31 Prozent der Beteiligten an, mit den in Euro ausgezeichneten Preisen keine Probleme zu haben.
Lieber Scheine statt Münzen?
Die italienische Regierung gibt nun den klein geratenen 1- und 2- Euro-Münzen die Schuld, den Preisanstieg anzuheizen, weil sie unbewusster und schneller ausgegeben würden. Besser wäre es, 1- und 2-Euro-Scheine einzuführen. »Banknoten misst man mehr Wert bei als Münzen«, erklärt Wirtschaftsminister Giulio Tremonti. Und die konservative französische Tageszeitung 'Le Figaro' stellt wie viele Verbraucher zu den jüngsten Preisuntersuchungen die Frage: »Wer sagt die Wahrheit?«