Vollmacht Der vorletzte Wille

Wenn alte Menschen nicht mehr selbst entscheiden können, hat manchmal ein gerichtlich ausgewählter Betreuer das Sagen. Wer das ausschließen will, muss rechtzeitig eine Vollmacht schreiben.

Die meisten Menschen glauben, dass automatisch der Ehepartner oder die nächsten Verwandten für sie schalten und walten können, wenn sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Aber das geht nur, wenn entsprechende Vollmachten vorliegen. Andernfalls ordnet das Amtsgericht für Lebensbereiche, in denen Entscheidungen anstehen, eine gesetzliche Betreuung an - also etwa für Fragen der Unterbringung oder finanzielle Angelegenheiten.

Der Richter sucht einen solchen Betreuer zunächst im persönlichen Umfeld des Betroffenen. Aber es gibt keine Garantie, dass seine Wahl auf denjenigen fällt, den man sich selbst gewünscht hätte. Denn gerade, wenn es um Heimunterbringung oder Vermögensfragen geht, können Partner oder Kinder in einen Konflikt zwischen ihren eigenen Interessen und denen des Betroffenen geraten. Dann greift das Gericht auf örtliche Betreuungsvereine oder auf professionelle Betreuer zurück.

"Die Wahl eines vom Gericht bestellten externen Betreuers kann für Kinder und die betroffenen Eltern von Vorteil sein", sagt Ursula Wens, Juristin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. "Denn wenn Kinder plötzlich für ihre Eltern entscheiden müssen, werden diese oft erbost oder misstrauisch. Übernimmt ein unabhängiger Betreuer diese Aufgaben, bleiben die Kinder die Vertrauenspersonen für ihre Eltern." Außerdem ist ein Betreuer dem Gericht rechenschaftspflichtig, er muss Buch führen und Rechnungen vorlegen.

Ältere Menschen, die wollen, dass Partner oder Kinder für sie bestimmen, sind gut beraten, ihre Vollmachten frühzeitig aufzusetzen. Denn die Dokumente sind nur gültig, wenn man sie im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte verfasst und unterschrieben hat. Folgende Varianten gibt es:

VORSORGEVOLLMACHT

Sie ist die umfassendste Möglichkeit, Vorkehrungen für den Fall zu treffen, dass man seine Angelegenheiten nicht mehr besorgen kann oder gar geschäftsunfähig ist. Im Unterschied zu einer gewöhnlichen Vollmacht tritt sie erst in Kraft, wenn bestimmte Umstände eintreten, die in dem Dokument genau beschrieben werden - etwa, wenn Krankheit oder Demenz den Unterzeichner daran hindern, Entscheidungen zu treffen. Der Text sollte festlegen, wer entscheidet, ob die Umstände eingetreten sind (etwa ein Arzt im Krankenhaus oder der Hausarzt, mit schriftlicher Bestätigung).

Die Vorsorgevollmacht legt fest, wer für den Unterzeichner Entscheidungen fällen, Geschäfte abwickeln oder Verträge abschließen soll. Der Bevollmächtigte muss mit vollem Namen sowie Geburtsdatum genannt sein - und sollte vorher gefragt werden, ob er die ihm zugedachten Aufgaben übernehmen will. Der Unterzeichner selbst muss in der Vollmacht seinen ganzen Namen und sein Geburtsdatum angeben sowie mit Ort und Datum unterschreiben. Im Internet finden sich Mustervollmachten, beispielsweise beim Justizministerium Nordrhein-Westfalen unter dem Punkt Service. Die Muster sollten aber nur als Formulierungsvorschläge dienen und den individuellen Vorstellungen angepasst werden. Eine notarielle Beurkundung der Vollmacht ist sinnvoll, weil damit automatisch die Geschäftsfähigkeit des Unterzeichners überprüft wird. Geht es um höhere Vermögenswerte (wenn jemand beispielsweise eine Firma oder Immobilien besitzt), sollte die Vollmacht in jedem Fall notariell beurkundet werden.

Weil eine einzelne Person mit der Vielzahl der zu erledigenden Aufgaben überfordert sein kann oder vielleicht nur für bestimmte Bereiche kompetent ist, kann es ratsam sein, mehrere Bevollmächtigte zu benennen. In diesem Fall muss genau aufgeführt werden, wer welche Entscheidungen treffen soll. Natürlich ist es auch möglich, eine Vollmacht nur für bestimmte Problemfelder (etwa Gesundheit oder Finanzen) zu erteilen. Für Bereiche, die nicht abgedeckt sind, bestimmt das Amtsgericht dann bei Handlungsbedarf einen Betreuer.

BANK- UND POSTVOLLMACHT

Finanzinstitute und die Post fordern eine Vollmacht auf ihren eigenen Formularen. Senioren sollten in ihrer Vorsorgevollmacht festlegen, dass die Bank- oder Postvollmacht erst genutzt werden darf, wenn die Voraussetzungen für die Gültigkeit der Vorsorgevollmacht (etwa Krankheit, Demenz) erfüllt sind. Sollte sich der Bevollmächtigte darüber hinwegsetzen und die Bankvollmacht vorher nutzen, kann er dafür haftbar gemacht werden.

Die Originale der Vorsorgevollmacht gehören nicht in den heimischen Schreibtisch, sondern in den Aktenschrank des Bevollmächtigten. Nur so kann er sich in der akuten Situation gegenüber Arzt, Bank oder Behörde als Bevollmächtigter ausweisen und dringende Entscheidungen umgehend treffen. Wer Angst hat, dass der Bevollmächtigte zu früh von seinen Möglichkeiten Gebrauch macht, kann das Papier auch einem Freund oder Notar geben und ihn schriftlich anweisen, wann er es dem Bevollmächtigten aushändigen soll. Wichtig: Die Vorsorgevollmacht muss regelmäßig auf ihre Sinnhaftigkeit hin geprüft werden. Beispielsweise können Kinder an einen weit entfernten Ort ziehen und nicht mehr in der Lage sein, die ihnen zugedachten Aufgaben zu übernehmen.

BETREUUNGSVERFÜGUNG

Wer möchte, dass seine Interessen von einer bestimmten Person wahrgenommen werden, die gerichtlich kontrolliert ist, kann eine Betreuungsverfügung schreiben. Anders als die allgemeine Vorsorgevollmacht bezieht sie sich nur auf Bereiche, in denen das Amtsgericht zuvor einen Handlungsbedarf festgestellt hat. Der Betreuer ist gesetzlich verpflichtet, sich an den Wünschen des Betroffenen zu orientieren und seine Entscheidungen so zu treffen, wie dieser das in gesundem Zustand getan hätte. Allerdings ist das Gericht nicht in jedem Fall an den Personenwunsch in einer Betreuungsverfügung gebunden. Denn der Betreuer muss im rechtlichen Sinne für diese Aufgaben geeignet sein. Wenn die ausgewählte Person etwa zu alt ist, kann das Gericht einen professionellen Betreuer einsetzen. Das gilt übrigens nicht für Bevollmächtigte: Sie dürfen die ihnen zugedachten Pflichten ohne Ansehen von Alter oder sonstiger Qualifikation übernehmen - solange sie selbst geschäftsfähig sind.

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Joachim Reuter